andbewegung
Viele Träumer machen im Schlaf
immer wieder scheinbar unerklärliche H., die von schwer
wiederzugebenden Lauten begleitet sind. Umfangreiche Nachforschungen
haben zu der Erkenntnis geführt, daß es sich bei diesen Träumern
in erster Linie um Personen handelt, die sich einer Abmagerungskur
unterziehen und vor allem unter dem Verzicht auf den Genuß
von Fleisch leiden. In nahezu sämtlichen Fällen werden unbewußte
Fleischergriffe ausgeführt, mit denen bestimmte Körperteile eines
zur Schlachtung vorgesehenen Tieres betastet werden, um den Mastzustand
festzustellen. Die H. bedeuten nichts anderes als die
verzehrende Sehnsucht nach einem saftigen Steak, einem panierten
Schnitzel usw.; unsere Aufstellung nennt sie im einzelnen und
gibt zur Orientierung eine annähernde Niederschrift der dabei
ausgestoßenen Laute.
1. Der Kehlgriff krrrrr
2. Der Brustkerngriff kchkchkchkch
3. Der Bug- oder Drosselgriff prrrprrrprrr1
4. Der Kummetgriff chkkk,
chkkk, chkkk
5. Der Spahlengriff
6. Der Gegenherzgriff ploing, ploing, ploing
7. Der Herzgriff pa-dum,
pa-dum, pa-dum
8. Der Rippengriff tschschschschsch
9. Der Flankengriff blop, blop,
blop
10. Der Hüftgriff pling,
pling, pling
11. Der Schwanzgriff uuuuuuuuuu
12. Der Kniefaltengriff hoppla
13. Der Dammgriff uchchchchch
14. Der Voreuter-
bzw. Hodensackgriff h,
h, h, h, h, h, h
15. Der Lendengriff baouuu, baouuu,baouuu
- (
ski
)
Handbewegung (2) Oft, wenn er von seinen Gängen in
sein Zimmer zurückgekehrt war, drehte er seine Hände hin und her und sah sie
an. Und einmal beobachtete eine Schwester, wie er sie beroch oder vielmehr,
wie er über sie hinging, als prüfe er ihre Luft, und wie er dann die leicht
gebeugten Handflächen, nach oben offen, an den kleinen Fingern zusammenlegte,
um sie dann einander zu und ab zu bewegen, als bräche er eine große, weiche
Frucht auf oder als böge er etwas auseinander. Sie erzählte es den anderen Schwestern;
aber niemand wußte, was es zu bedeuten habe. Bis es sich ereignete, daß in der
Anstalt ein größeres Tier geschlachtet wurde. Rönne kam scheinbar zufällig herbei,
als der Kopf aufgeschlagen wurde, nahm den Inhalt in die Hände und bog die beiden
Hälften auseinander. Da durchfuhr es die Schwester, daß dies die Bewegung gewesen
sei, die sie auf dem Gang beobachtet hatte. Aber sie wußte keinen Zusammenhang
herzustellen und vergaß es bald. - Gottfried Benn, Gehirne. In: G. B.,
Prosa und Szenen. Ges. Werke Bd. 2. Wiesbaden 1962