Hand, tote  In dem Zimmer, das genau unter dem Atelier liegt, finden wir Huguette de Mèneval.

Sie wird keine Gelegenheit mehr am Schopfe packen. Nie mehr. Die Gräfin ist tot.

Offen gestanden, überrascht mich das nicht. Was mich allerdings überrascht, ist eine kleine Besonderheit an ihrer Leiche. Eine Hand ist entsetzlich zerquetscht.

„Ach du Scheiße!" flüstert Zavatter.

Héiène geht einen Schritt zurück, stößt gegen einen Stuhl und läßt sich darauf fallen.

„Großer Gott!" stöhnt sie.

Ich sage nichts. Langsam wandert mein Blick von der blutverschmierten Hand zu einem umgekippten Hocker, folgt dann einer verdächtigen Spur, klettert mit ihr den rötlichen Wandvorhang hoch. Ton in Ton! Die Spur scheint ihren Ursprung im Schnittpunkt von Wand und Zimmerdecke zu haben. Dann kehrt mein Blick wieder zur Leiche zurück. Steinchen verschiedener Größe liegen um den leblosen Frauenkörper herum. Wahrscheinlich aus einem aufgeschlitzten Beutel gefallen. Die Steinchen leuchten wie phosphoreszierende Tierchen, Freunde dunklen Erdreichs und noch dunklerer Gräber. Mein Blick mustert die Leiche. Altmodische Stiefeletten, schwarze, mehrfach gestopfte Seidenstrümpfe über krampfadrigen Beinen, ein hochgeschlagener, schmutziger Unterrock. Grotesk und obszön zugleich. Jetzt verweilt mein Blick auf den verblichenen Haaren, strubbelig, struppig, so als hätten sie sich vor Schreck gesträubt. Das Gesicht unter dem Make-up ist blau angelaufen, die Augen sind weit aufgerissen. Aber die größte Anziehungskraft übt diese grauenhafte Hand aus. Ich starre sie wieder an... Mein Blick wandert zu einem umgekippten Hocker... folgt einer verdächtigen Spur... klettert hoch zum Schnittpunkt zwischen Wand und Decke...     - Léo Malet, Wer einmal auf dem Friedhof liegt ...  Reinbek bei Hamburg 1994 (zuerst 1982)

 

Hand Tote

 

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