ahnenkampf Fast niemals sieht man in Bali Frauen und Männer wie bei uns nebeneinander-, sondern immer nur hintereinandergehen oft in langem »Gänsemarsch«. Im Gegensatz zu der gestrafften Gangart der Frauen haben die Männer lässig schlendernde Bewegungen, sind auch viel farbiger gekleidet als die Frauen. Ihre Kleidung besteht fast nur aus geschlungenen Tüchern, die von weitem wie feine javanische Batikarbeit aussehen, in Wirklichkeit aber bedruckte Stoffe sind, die aus sächsischen und anderen deutschen Fabrikorten, neuerdings auch vielfach aus Japan eingeführt sind. Was den Männern ein besonders kokettes Aussehen gibt, sind die hübschen Blumen, die sie fast alle teils im Munde, teils hinter die Ohren gesteckt tragen.
Männliche Hauptbeschäftigung ist der Reisbau und vor allem der Hahnenkampf.
Zwar sind die Hahnenkämpfe verboten, doch sieht man die Männer überall am Wege
sitzen mit prachtvollen Hähnen auf dem Schoß, denen sie stundenlang die Beine
streicheln — ein Mittelding zwischen Liebkosung und Massage. Wenn man die Männer
an etwas abgelegeneren Orten darum bittet, lassen sie die Hähne aufeinander
los und haben mächtige Freude daran, wenn sie sich tüchtig zerzausen und blutig
beißen. - Magnus Hirschfeld, Weltreise eines Sexualforschers
im Jahre 1931/32. Frankfurt 2006 (zuerst 1933)
Hahnenkampf (2) In der Nähe
von Goikul liegt der Berg Rois ra Besek, auf dem einst ein Hahn wohnte. Der
war sehr arm; als er aber eines Tages einen anderen Hahn krähen hörte, da antwortete
er kräftig. Der andere Hahn war reich; er hatte einen Menschenkopf und konnte
Geld brüten. Er lebte auf dem Geisterberg Ngeraod, der auch nicht weit von Goikul
entfernt ist, und weil er so schön Geld machen konnte, verschaffte er dem Berg
unermeßlichen Reichtum. Dem Hahn von Ngeraod gefiel es nun ganz und gar nicht,
daß sein Krähen stets beantwortet wurde. Er ärgerte sich darüber und beschloß,
den Urheber aufzusuchen und zu bestrafen. So traf er seine Vorbereitungen und
befahl seinen Dienern, gutes Essen zu kochen und alles für die Reise in Ordnung
zu bringen. Als alles fertig war, gingen sie los. Der Hahn ging an der Spitze
und trug selber einen langen Stock, an dem vorn eine schöne Schildpattschale
und hinten ein großer Korb mit Geld hing. Sie wanderten lange hin und her und
kamen schließlich zum Rois ra Besek. Da hörten sie den armen Hahn krähen. »Nun
kräht er schon wieder«, sagte der Hahn von Ngeraod; und als er den andern erblickte,
rief er wütend: »Was krähst du immer so, du willst mich wohl ärgern?« - »O nein«,
antwortete der andere, »ich denke nicht dran, im Gegenteil, ich wollte nur dein
Mitleid anrufen. Ich bin ja ein so armer Hahn. Sieh doch selbst, bei mir wächst
nichts, ich muß darben und immer hungern.« Da vergaß der reiche Hahn seine bösen
Gedanken; er verzieh dem Armen und schenkte ihm alles Geld, was er bei sich
hatte, und gab ihm auch das schöne Essen, das die Diener trugen. Dann kehrte
er nach Ngeraod zurück. Und beide lebten munter weiter und waren zufrieden bis
sie starben. - Südsee-Märchen. Hg. Paul Hambruch. Köln Düsseldorf 1979 (Diederichs:
Märchen der Weltliteratur)
Hahnenkampf (3)
Hahnenkampf (4) Der Verhaltensforscher Erich von Holst
versenkte in das Hirn der narkotisierten Tiere haarfeine Drähte, die
mit einem dünnen Lack isoliert waren mit Ausnahme der Spitze, die blank
blieb. Die Drähte heilten ein und störten die Tiere, von denen einige
mehrere Jahre lang mit ihnen herumliefen, überhaupt nicht. Wenn Holst
die Spitzen der Drähte so postierte, daß sie in dem hier diskutierten
Hirnteil lagen, und durch den Draht einen schwachen Strom schickte, von
der Art und Stärke eines. Nervenimpulses, dann verwandelten sich seine
Hühner sofort in fernlenkbare Roboter: Auf Knopfdruck spulten sie, sooft
der Experimentator den Strom einschaltete, das Programm ab, das dort
gespeichert war, wo sich die blanke Spitze des stromführenden Drahtes in
ihrem Gehirn befand. Da gab es Hahne, die plötzlich sichernd in die
Ferne blickten, dann immer näher auf den Boden vor ihren Füßen, bis sie
schließlich mit ängstlichem Gackern Ausweichbewegungen machten, dann
aber auch mit Schnabel hieben und Krallen einen Feind attackierten, der
gar nicht existierte. Mit anderen Worten: hier lief das Programm »Abwehr
eines Bodenfeindes« ab, ein beim Huhn also offenbar fest angeborenes
Verhaltensrepertoire. Niemand könnte sagen, wie das Huhn die durch den
Stromstoß ausgelöste Szene erlebt. Ob es den Phantom-Feind womöglich zu
sehen glaubt, als Iltis, als ein sich näherndes Wiesel oder wie
sonst. - Hoimar von Ditfurth, Im Anfag war der Wasserstoff. München 1981 (zuerst 1972)
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