Hagel  : » Um 6 Uhr rauschte ein drittes, noch schrecklicheres Hagelwetter von Westen her auf das Wolmirslebische Feld zu, unter schtetem Donnern & Blitzen, mit einem so gewaltijen Schturme, der mir nicht Zeit ließ, alle Fenster meines Wohnhauses auf der Westseite zu eröffnen; wobey mir nichts zu meiner Errettung übrich blieb, als mich hinter einen Pilaster zwischen zwey Fenster zu schtellen : der Hagel schtröhmte so dick, als die Fenster im Lichten waren, in das Gebäude herein, und prallte mit tausendfachem Knallen von der gegenüberschtehenden Wand wieder zurücke. Nach Verlauf von einer halben Schtunde befand mich schon bis an die Knie im Hagel begraben; und hatte die Wahl : entweder vom Hagel erschlagen, oder aber im Hagel begraben zu werden. Zum Glück wurde nicht von den in der Nähe vorbeyfahrenden Donner-schtrahlen getroffen. / Diese drey Hagelgüsse hatten die Luft so abgekühlet, daß ein dicker Nebel, wie von einer Feuersbrunst, vom gantzen Felde, ja sogar in den Häusern, Küchen und Scheunen aufschtieg, und alle Aussicht dem Auge raubte. Pferde voller Beulen jagten zerschtreut in den Feldern umher, einije waren gar getötet. Die Äste der Bäume hingen zerschmettert von den Schtämmen herab; die Saat war so weg=geschlagen, daß gar nichts weiter davon zu sehen war, als ein festgeschlagener schwarzer Boden, in welchen die Hagelschteine ihre Formen abgedrucket hatten. Wachteln Rebhühner Hasen Schwalben lagen zerquetscht zwischen den Furchen ehemalijer Saaten.«   - Johann Esaias Silberschlag, nach: Arno Schmidt, Kaff auch Mare Crisium. Zürich 1987 (zuerst 1960)

Hagel (2)  Man hört ein Pfeifen in der Luft, ein Knistern, Blitze, etwas fällt vom Himmel, es regnet. Oder genauer

ES HAGELT.

Sacramento, es hat zu hageln angefangen. Dann sind es also nicht die Fliegen, diese Wolke am Himmel. Es ist nicht das erste Mal daß das passiert. Manchmal war der Hagel so groß wie Hühnereier und hat alles zerstört, er hat auch die Ziegel der Dächer der Häuser zerschlagen. Er hat die Traubenernte ruiniert, Autos beschädigt Straßenlampen umgelegt Vögel im Flug getötet. Einmal hat der Hagel in der Nähe von Mondovi einen Ochsen erschlagen. Ein andermal einen Elefanten in Düsseldorf, in Deutschland. Giuseppe, lieber Freund, was hat ein Elefant in Düsseldorf zu tun? Was meinst du, daß er tat, bestimmt nichts Böses.

Der Hagel bildet sich wenn der Dampf der Atmosphäre kalte Luftschichten durchquert und das passiert vor allem im Frühling. Manchmal fällt der Hagel zusammen mit dem Regen, wenn die großen römischen Regenfälle kom­men. Zwanzig Kilometer von hier, hinter Ariccia und Genzano, liegt Velletri das regenreichste Dorf des Jahres, was auch im Kalender steht.

Jetzt hat sich der Himmel aufgehellt, die schwarze Wolke hat sich entleert und nun ist die Luft durchsichtig. Die Landschaft ist ganz weiß, auch die Straßen und die Hausdächer sind vollkommen weiß. Es sieht schön aus. Weiß ist eine vollkommene Farbe aber auch die Vollkommenheit läßt manchmal viel zu wünschen übrig, all dieser Hagel in der Ebene von Pavona. Dieses Gebrumme, dieses Brummen. Die Antennen von Santa Palomba funktionieren wieder, sie senden die Abendnachrichten, die melden

VIEL HAGEL
IN DER EBENE VON PAVONA,

viel Schaden an den Reben und an den Obstkulturen, zum Glück keine Toten. Wie, keine Toten? Das wagt ihr zu sagen? Zählt der Metzger für die vom Rundfunk nicht? Und jener andere von dem man nicht weiß wie er heißt. Giuseppe, liebster Freund, sie sind vorher gestorben und nachher hat es gehagelt. Gut, das vorher und das nachher, die Ereignisse bilden eine Kette, der Metzger geht auf die Pharaonen zurück, bitteschön.  - Luigi Malerba, Salto mortale. Frankfurt am Main 1987 (zuerst 1968)

 

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