äuschen  Nachmittags bei Marcel Jouhandeau, der ein Häuschen in der Rue du Commandant Marchand bewohnt, die mir seit langem unter den Pariser Winkeln besonders gefällt. Wir saßen mit seiner Frau und Marie Laurencin in seinem Gärtchen, das, obwohl kaum breiter als ein Handtuch, doch eine Menge Blumen trug. Die Frau erinnert an die Masken, die man in alten Weinbergdörfern trifft. Sie bannen uns weniger durch ihr Mienenspiel als durch die Starrheit, die von ihren hölzernen und grell bemalten Gesichtern strahlt.

Wir machten einen Rundgang durch die Wohnung, die, abgesehen von der kleinen Küche, in jedem ihrer drei Stockwerke einen Raum umfaßt - unten einen kleinen Salon, in der Mitte das Schlafzimmer und oben, fast wie das Observatorium einer Sternwarte, eine zum Wohnen eingerichtete Bibliothek.

Die Wände des Schlafzimmers sind schwarz gestrichen und mit goldenen Ornamenten verziert, dazu chinesische Möbel aus rotem Lack. Der Anblick dieser stillen Kammer war beklemmend, doch weilt Jouhandeau in ihr gerne und arbeitet auch hier in aller Frühe, wenn die Frau noch schläft. Sehr schön erzählte er, wie dann die Vögel nach und nach erwachen und sich in ihren Melodien ablösen.

Es kam dann noch Heller, und wir setzten uns in die Bibliothek. Jouhandeau zeigte uns seine Manuskripte, von denen er mir eines schenkte, seine Herbarien, seine Sammlungen von Lichtbildern. In einer Mappe von Bildern seiner Hausfrau fanden sich auch Nacktaufnahmen, aus ihrer Tänzerinnenzeit. Doch überraschte mich das wenig, da ich aus seinen Büchern wußte, daß sie vor allem im Sommer sich gern in diesem Zustand in ihrer Wohnung bewegt und so auch Lieferanten, Handwerker oder den Gasmann abfertigt.

Gespräche. Über den Großvater von Frau Jouhandeau, einen Briefträger, der um vier Uhr morgens seinen Weinberg bestellte, bevor er die Post austrug. »Die Arbeit an diesem Weinberg war sein Gebet.« Er hielt den Wein für die Universalmedizin und gab davon auch den Kindern, wenn sie krank waren.

Dann über Schlangen, von denen ein Freund des Hauses einmal ein Dutzend mitbrachte. Die Tiere zerstreuten sich in der Wohnung; man traf sie noch monatelang unter den Teppichen. Eines von ihnen hatte die Gewohnheit, sich abends am Fuße einer Stehlampe emporzuschlingen; es ringelte sich um die Taille des Lampenschirms, die am wärmsten war. - Ernst Jünger, Strahlungen (14. März 1943)

 

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