Hätscheln   Am peinlichsten war, daß die Herrschaft wie unter dem Schutz des Volkes schien und, obwohl sie herrschte, mit aller ökonomischen Ausbeutung regierte, hatte das nach außen hin einen zärtlichen Anschein, als ob das Bauernvolk die Herrschaft hätschele, und die Herrschaft bei dem Bauernvolk lieb Kind sei - und wenn der Vogt als Sklave die Tante über eine Pfütze trug, so war es doch, als hätschele er sie. Sie sogen das Volk ökonomisch aus, aber bei diesem ökonomischen Aussaugen war ebenfalls ein Saugen infantiler Art: nicht nur Blut saugten sie, sondern auch Milch, und vergebens stauchte der Onkel die Pferdeknechte mit harter und rücksichtsloser Männlichkeit zusammen, vergebens ließ sich die Tante die Hände küssen wie eine Mama, mit matriarchalischer Gütigkeit - weder die matriarchalische Gütigkeit noch die schärfsten Befehle konnten den Eindruck verwischen, daß der Herr dem Volke ein Söhnchen ist und die Herrin ein Töchterchen. Denn das hiesige Volk war auch noch nicht so durch die Intelligenzler zermürbt wie jenes vorstädtische Gesindel, das sich vor uns zufluchtsuchend zu Hunden gemacht hatte; es war noch uralt und unberührt, in sich gefestigt, so daß wir schon von weitem eine Macht wie von hunderttausend aufeinandergetürmten Arbeitspferden spürten. - (fer)
 
 

Verwöhnung

 

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