Händereiben  Warum wohl ist das Händereiben in unseren Bereichen ein bevorzugtes Zeichen der Zufriedenheit, ja des innerlichen Jubels?

Sicherlich sollten wir in der Lage sein, einige ... mehr oder minder plausible Erklärungen zu formulieren.

Schon das Wort plausibel; wie kann man umhin, das Händereiben mit dem Applaudieren in Verbindung zu bringen, wobei auch beide Hände gegeneinander eingesetzt werden: eine schlägt auf die andere, reibt sich nicht daran, zugegeben - und erzeugt so ein zusätzliches Phänomen akustischer Art: ein Geräusch. In diesem Fall nämlich gilt die kundgetane Zufriedenheit nicht mehr einem selbst, sondern einer anderen Person, der man es, deutlich und öffentlich, zu verstehen geben möchte.

Aber kehren wir zum Händereiben zurück. Könnte man es nicht als das stille Zeichen für eine Art von »Koppelung« auffassen, körperlicher Identität, die als solche befriedigt, vergleichbar der, die ein Hund anstrebt, wenn er versucht, sich in den eigenen Schwanz zu beißen; und dann dieser Hypothese entsprechend festhalten, daß unter den doppelten und symmetrischen Organen, von denen es im menschlichen Körper eine Fülle gibt (wie übrigens in den meisten wie auch immer gearteten natürlichen Körpern), die Hände zu jenen wenigen gehören, die sich leicht vereinigen können. Daher ist es ganz natürlich, daß sie sich dies nicht entgehen lassen - und sich gegenseitig beglückwünschen ...

Was das Händereiben selbst angeht, so wäre es eine Verdoppelung, eine Vervielfältigung des einfachen Griffs, genauso wie sich eine Liebkosung zum Beispiel wiederholen muß, nachdrücklich werden muß, um ihre ganze Wirkung zu erzielen und schließlich eine nervliche Veränderung zu erzeugen, ich meine einen Spasmus oder Orgasmus.

Das Hervorbringen seines eigenen Zeichens wird somit die Bedingung, irgend etwas zu vollenden... Doch! So muß man sich die Schrift denken: nicht als Transkription einer (äußeren oder vorgefaßten) Idee, nach einem konventionellen Kode, sondern wirklich wie einen Orgasmus: wie den Orgasmus eines Wesens, oder sagen wir einer Struktur, die als solche natürlich durchaus konventionell ist - die aber, um sich zu vollenden, sichjubelnd als solche geben muß: mit einem Wort, sich selbst bezeichnend.

Kehren wir nun zur Seife zurück, das heißt zum Händereiben mit etwas und sozusagen mittels eines Mittels.

Das geschieht nicht mehr (wie das Applaudieren oder das stille Händereiben) als Folge oder Zeichen eines erreichten Resultats, sondern in der Absicht, ein Ergebnis zu erzielen: insbesondere eine Reinigung oder Weißwäsche.

Wenn wir nun diesem Mittel seine ganze Bedeutung zubilligen, damit es seinen größten Ertrag abwirft und wir seine letzte Gunst erlangen (eine ständige Spende an Speichel zum Beispiel): so haben wir genau das Spiel, die Wortübung schlechthin; das heißt die »Poesie«; das heißt die »Moral« selber.

Und an diesem Punkt unserer Überlegung muß man den Begriff avec (mit) direkt angehen, das heißt das Wort selber. Und avec ist ja av-vec, apud hoc: bei diesem, in Begleitung von diesem.

Wäre es also nicht der Eintritt in die Gesellschaft, wenn man sich zu irgendeinem anderen (Wesen oder Ding) gesellt, letztlich zu einem Objekt, das es einem jeden erlaubte, seine persönliche Identität zu erfassen, sie von dem zu lösen, was sie nicht ist, sie zu säubern, rein zu ätzen; Sich zu bezeichnen; Sich letzten Endes in dem objoie zu verewigen.

Kurz, unser Paradies - wären das nicht die anderen?   - Francis Ponge, Die Seife.  Neuwied und Berlin 1969

Händereiben (2)  Kurz vor dem Stand des Maier Verlags kam uns im Gang die Assistentin von Katja Lipschitz entgegen: »Malik! Wir haben dich überall gesucht. Die Dame vom Radio Norderstedt wartet schon seit zehn Minuten.«

Rashid, eben noch bleich wegen erhöhter Darmtätigkeit und in nachdenklicher Stimmung, verwandelte sich in null Komma nix in seine Ein-Glück-dass-es-Kerle-wie-mich-gibt-Werbekampagne zurück. Farbe trat in sein Gesicht, und seine Schultern spannten sich.

»Wir waren nur schnell ein bisschen Luft schnappen. Bin schon bereit.«

An seinem Tisch erwartete ihn eine junge attraktive Rothaarige mit großen grünen Augen, rotgeschminkten Lippen, kurzem Rock, nackten Beinen und hochhackigen Stiefeln. In regelmäßigen Abständen befiel ihre Lippen ein nervöses Zucken, was sie verletzlich wirken ließ. Man konnte sehen, wie Rashid sich innerlich die Hände rieb.

Und dann sagte die Frau vom Radio Norderstedt nach der Begrüßung: »Ich komme von der Sendung ›Andersrum‹, und erst mal möchte ich Ihnen sagen, wie froh ich bin, endlich mal einen bekennenden schwulen Moslem in der Sendung zu haben.« - Jakob Arjouni, Bruder Kemal. Zürich 2012

 

Hand Reibung

 

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