ades-Vorstadt
Ihr werdet dort weder Straßen noch Wohnviertel finden, weder Autobus noch Zeitungsfetzen,
weder Limonadenflaschenkapseln, nodi am Boden plattgetretene Präservative, wie
unter einem Bombenangriff verstummte Kinder, die, wenn alles vorbei ist, noch
auf dem Pflaster kleben; dort spielen weder Knäblein noch schreiten todgeweihte,
verschränkte Liebende; bewohnt wohl, und gar nicht spärlich: aber sucht nicht
nach Familien noch Sippen, nicht nach Zusammenkünften auf Plätzen und Torwegen,
nicht nach Gesprächen außer den dürftigsten, notwendigsten, leisesten. Vielleicht
ist er ein Himmel, dieser umgestülpte Platz, wie ihn die Fische vom Meeresgrund
an reglosen Regentagen sehen; aber wie spärlich ist der Wechsel der Lichter
zwischen Morgengrauen und Abenddämmer; und vielleicht ist's keine Anmaßung der
Namengebung, als >Grasi diese violette Bemoosung zu bezeichnen, oder als
>Pflanzent diese alten Straßenkehrerfinger, die aus ungastlichem und grindigem
Sand herausragen. Vorstädte: abstoßende Steinhaufen und Asphalt, den ein demagogischer
Bürgermeister der Unterwelten wie einen Pelzmantel über die aussätzige Erde
auszubreiten versuchte. Beachtet nunmehr, zu eurer Rechten, eine etwa zweihundert
Meter lange Mauer, kompakt und unnütz: sie stützt gar nichts und nichts lehnt
sich an sie; jemand hat sie mit unanständigen Worten bekritzelt, aber zumeist
in Sprachen von so ausgefallener Schreibart und zudem seit langem tot, daß diese
bornierte Oberfläche daraus nicht einmal die Belebtheit des Skandals gewinnt.
Schlammige Flüssigkeiten, wässrige oder kotige, breiten sich in höllischen Monstranzen,
Spuren oder Rückstände oder Indizien unvollkommnen Todes. Der Wind ist hier
unten ein warmes und anonymes Blasen, wie er auf Erden die schwatzhaften Zeitungen
vom Boden hebt, aber nicht die Röcke der Frauen rührt; spärlich die Regenfälle
und so unsinnig verteilt, daß es Orte gibt, die seit zwölf Jahrhunderten auf
den Niederschlag warten; bei jedem Anhieb trügerischer Frische, der sich zwischen
den Strapsen des flappigen Winds verfängt, lassen die dunklen Bewohner sich
blenden. Es regnet nie herzhaft, nie stürmisch, nie den Regen, der nach Frau
schmeckt, nach raufenden Kindern, der nachts auf den Autodächern der Liebenden
brummelt, in den städtischen Peripherien; denn, wie gesagt, das Dunkel senkt
sich nie, nie steigt das Licht, die Luft ist trüb, aber unbekannt die barocke
Heiterkeit der Hinterbackenwolken, die schwebend die Reklamestrahlen der weißblitzenden
Hostie benagen. Gewitter gibt's, trockne jedoch, ohne Tröstung, gläsern, keifend
und heiser, ohne Zorn, knorzig wie alte vertrocknete Katzen mit gläsernem Genital,
das beim Koitus splittert und blutet. - (nieder)
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