Daarschneide-Horoskop    Er hatte heute seinen Dienst im Hause Hsi Men und bereits am Mittag Hsi Mens Kopf verschönt und seinen Körper ausgiebig massiert und nach den Regeln der Atemgymnastik bearbeitet. Nun strich er durch das weite Anwesen, nach etwaigen weiteren Aufträgen spähend.

»Der kommt gerade recht«, rief Frau Fing aus. »He, Barbier, du konntest meinem Kleinen das Haar schneiden.« Hurtig sprang das Männlein heran und machte vor den versammelten Frauen seinen Kotau.

»Der Herr äußerte bereits den gleichen Wunsch.« »Wir möchten aber erst den Kalender befragen, ob heute auch ein passender Tag zum Haarschncidcn ist«, gab Mondfrau zu bedenken. »Liebe Schwester Fünf, sei doch so gut und schau einmal im Kalender nach.«

Goldlotos ließ sich von Zofe Juwelchen den Kalender bringen. »Heute ist ein günstiger Tag zum Haarschneidcn«, verkündete sie, nachdem sie geraume Weile im Kalender studiert hatte. Also wurde Amme Ju I'rl mit dem Kleinen herbeigerufen, ein Becken mit warmem Wasser bereitgestellt, und während Juwelchen, ein Handtuch über dem Arm, das kleine Köpfchen hielt, ging Barbier Tschou, nachdem er seinen Gerätekasten ausgepackt hatte, unter allgemeiner, gespannter Anteilnahme der anwesenden Frauen behutsam an sein verantwortungsvolles Werk. Der ängstliche Kleine hub nach den ersten Schnitten mit der Schere zu winseln an, und als der Barbier unbekümmert mit Schneiden fortfuhr, hielt das Kind, wie es so seine Art war, wenn es sich fürchtete, den Atem an, daß sein ganzes Gesicht rot anlief, und tat keinen Mucks. Ganz erschrocken und ihn schon dem Ersticken nahe wähnend, rief seine Mutter dem Barbier zu: »Halt ein! halt ein! Das Kind erstickt!« worauf der schüchterne Barbier, seinerseits erschrocken, seine Sachen zusammenraffte und eilends davonsprang.  - Kin Ping Meh oder Die abenteuerliche Geschichte von Hsi Men und seinen sechs Frauen. Frankfurt am Main 1970 (zuerst ca. 1610, Wang Schi Tschong zugeschr.)

Haarschneide-Horoskop (2) «Und Boysenbeerenjoghurt auf Pizza, Denis? Also ehrlich, igitt.» Das war Sortilège, die in Docs Büro gearbeitet hatte, ehe ihr Freund Spike aus Vietnam zurückgekommen war und sie beschlossen hatte, dass Liebe wichtiger war als eine geregelte Arbeit - so jedenfalls, meinte Doc sich zu erinnern, hatte sie es erklärt. Ihre Talente lagen ohnehin woanders. Sie stand in Verbindung mit unsichtbaren Kräften und konnte alle möglichen Probleme emotionaler und körperlicher Art diagnostizieren und lösen, was sie meistens gratis tat, in einigen Fällen aber auch für Gras oder LSD anstelle von Bargeld. Soweit Doc wusste, hatte sie sich noch nie geirrt. Im Augenblick betrachtete sie prüfend sein Haar, und er bekam wie üblich einen Anfall von Abwehrpanik. Schließlich, mit energischem Nicken: «Da unternimmst du mal besser was.»

«Schon wieder?»

«Ich kann es gar nicht oft genug wiederholen - ändere deine Frisur und du änderst dein Leben.»

«Was empfiehlst du?»

«Liegt ganz bei dir. Folge deiner Intuition.»  - Thomas Pynchon, Natürliche Mängel. Reinbek bei Hamburg 2010

Haareschneiden Horoskop

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