ynäzeum Haben die Hennen, gewohnt, unter sich zu leben, einen solchen Geschmack an der Keuschheit gefunden, daß sie es vorziehen, in Ruhe gelassen zu werden, statt von früh bis spät zu dulden, wie dieser hergelaufene Hanswurst sie eine um die andere niedertritt, über den Haufen wirft und ihnen aufhockt? Ihre eher abweisende Haltung verschärft sich. Jedesmal, wenn Victor sich hervorwagt, setzt es Schnabelhiebe von allen Seiten, so daß ihm nichts übrig bleibt, als sich zu verstecken und in Deckung zu gehen.
Nach Einbruch der Dunkelheit - wir hatten sie aus den Augen gelassen - wurde
es noch ärger. Zum Glück fällt es Elise, die keinen Schlaf finden konnte, um
zwei Uhr morgens ein, mit einer Kerze in der Hand hinabzusteigen, um das Gynäzeum
zu inspizieren. Und was findet sie? Zitternd vor Kälte und Furcht, vor Beschämung
auch über so viele empfangene Hiebe, wie ein Paria hinausgeworfen, hockt der
arme Victor vor der Tür des Hühnerstalls. Da bedarf es schon aller Befehlsgewalt
einer wütenden Elise, um ihn in seine Rechte wieder einzusetzen: ein ruhmloser
Sieger sitzt er nun wieder zwischen diesen heimtückischen, gewalttätigen, feindseligen
Lysistraten. -
Marcel Jouhandeau, Das Leben und Sterben eines Hahns. Tiergeschichten. Stuttgart
1984 (zuerst 1947)
Gynäzeum (2)
- Georges Pichard
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