Gummi   Die im 16. Jahrhundert gebräuchlichen Überzieher waren von entmutigender Dicke; sie bestanden aus tierischen Därmen, Fischblasen oder Leinen. Da sie das sexuelle Lustempfinden stark beeinträchtigten und — als Folge falscher Anwendung und ungenügender Säuberung bei mehrmaligem Gebrauch — nur in seltenen Fällen eine Ansteckung verhinderten, fanden sie bei den Männern keinen Anklang und wurden sogar verspottet. Ein französischer Marquis jener Tage brachte das Problem auf den Punkt, als er aus eigener Erfahrung eine Penishülle aus Tierdann sarkastisch beschrieb: »Ein Panzer gegen die Liebe, eine Spinnwebe gegen die Ansteckung.«

Woher kommt nun aber die Bezeichnung Kondom?

Nach der Legende geht das Wort auf den Earl of Condom zurück, in den Ritterstand erhobener Leibarzt des englischen Königs Karl II. um die Mitte des 17. Jahrhunderts. Das lebenslustige Naturell Karls II. war sprichwörtlich. Er hielt sich zahlreiche Mätressen, darunter die berühmteste Schauspielerin seiner Zeit, Nell Gwyn, und wenngleich er keinen legitimen Erben hinterließ, so setzte er in seinem Reich doch zahllose uneheliche Nachkommen in die Welt.

Dr. Condom erhielt nicht etwa den Auftrag, eine todsichere Methode der Empfängnisverhütung zu ersinnen, sondern ein Mittel, das den König vor der Syphilis schützte. Seine Lösung bestand in einer Hülle aus gedehntem und geöltem Schafsdarm. (Es bleibt unklar, ob er Falloppios 100 Jahre ältere Erfindung gekannte hat. Wie die Legende um das Kondom will, lehnte es der Arzt zeitlebens ab, seinen Namen mit der Erfindung in Verbindung zu bringen.) Condoms Penishülle weckte das Interesse adliger Männer am Hof, die das Modell übernahmen — auch sie in der Absicht, sieh gegen Geschlechtskrankheiten zu schützen.

Der Umstand, daß die Übertragung einer Geschlechtskrankheit weit mehr gefürchtet wurde als die Zeugung illegitimer Kinder, fand seinen Niederschlag in mehreren Wörterbuchdefinitionen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. So heißt es etwa in A Classical Dictionary of the Vulgar Tongue, 1785 in London erschienen, unter dem Stichwort »Kondom«: »Getrockneter Schafsdarm, von Männern beim Geschleehtakt getragen, um einer Ansteckung vorzubeugen«. Der Eintrag enthält noch etliche weitere Ausführungen, ohne daß die Möglichkeit einer Empfängnisverhütung erwähnt wird.

Erst in unserem Jahrhundert, als das Penicillin der Furcht der Männer vor einer Ansteckung mit Syphilis ein Ende machte, begann man das Kondom vorwiegend als Mittel der Schwangerschaftsverhütung anzusehen — was sich heute, in den Zeiten von Aids, wieder geändert hat.

In den Jahren nach 1870 kam ein Kondom auf, das aus vulkanisiertem Gummi hergestellt war und auf Anhieb vom Volksmund »Gummi« genannt wurde. Es war noch nicht hauchdünn und steril und auch noch kein Wegwerfartikel. In der Gebrauchsanleitung stand, es müsse vor und nach Gebrauch gewaschen werden; meist wurde es so lange benutzt, bis es Risse bekam.  - (pan)

 

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