Großstadtphysiognomie  Man wird feststellen, daß das Gesicht des modernen Großstädters einen zweifachen Stempel trägt: den der Angst und des Traumes, und zwar tritt das eine mehr in der Bewegung, das zweite mehr in der Ruhe hervor.

Aus diesem Grunde besitzen Straßenecken und Brücken innerhalb der Großstadt etwas so unendlich Trostloses und Bedrückendes. Wer jemals in einem südlichen Hafen die Gesichter der Fischer sah, die sicher keinen Pfennig in ihren Lumpen trugen, der weiß wohl, daß es nicht Geld sein kann, was dieses halb verdrossene, halb gejagte Wesen hervorzu­bringen imstande ist. In einer Krisis wie dieser, inmitten der höchsten Unsicherheit, ist auch gar keine Befriedigung möglich; es gibt nur eins, was sich entgegenstellen läßt: Tapferkeit.

Ebenso erstaunlich ist es, die völlig erstarrte, automatische und gleichsam narkotisierte Haltung des modernen Menschen im Zustand der Ruhe, etwa während der Fahrt in einem der Verkehrsmittel oder auch des Aufenthaltes an den sogenannten Vergnügungsstätten, zu beobachten. Vielleicht wird ein Grad der Versunkenheit und Verlorenheit, wie er auf diesen Masken liegt, kaum in einer chinesischen Opiumhöhle anzutreffen sein. - (ej)

 

Großstadt Physiognomie

 

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