Grasbüschel  Plötzlich, mitten in einer leichten Bewegung seines Kopfes, schlossen sich seine Augen, und seine Arme kreuzten sich über seinem Herzen, als wollten sie es vor den Annäherungen eines unüberwindlichen Schreckens schützen. Unter den langen Grasbüscheln, die ganz nah an seinem Kopf ins Wasser der Quelle wogten, hatte sich, schien ihm, soeben blitzhaft in den Grund seines Auges ein von allen anderen unbeschreiblich abweichendes Büschel eingeprägt, die wogende Bewegung, die ganz besonders feine und seidige Substanz war unverwechselbar. Lange hielt er, indem er in seiner Verzweiflung vergeblich versuchte, auf den Boden eines Abgrundes aus Finsternis und Vergessen zu fliehen, seine Augen geschlossen und unterdrückte mit seinen verschränkten Händen das schreckliche Hämmern seines Herzens. Aber er begriff schon. Mit einem Satz war er auf den Beinen und betrachtete Heides völlig nackten Körper. Ihre Haare wogten in langen Wellen in der Quelle, und ihr zurückgeworfener und im Schatten versunkener Kopf, aus dem allein die entblößten Zähne ihres Mundes schimmerten, bildete zu ihrem Körper einen furchtbaren Winkel und hob ihre geschwollenen Brüste zum Himmel, die der Mond mit dem Ungestüm einer unerträglichen Leidenschaft liebkoste. Blut lag wie die Blütenblätter einer lebenden Blume in Flecken und Spritzern auf ihrem Leib und ihren gespreizten Schenkeln. Blut - dunkler als die Flüsse der Nacht, faszinierender noch als ihre Sterne; und um ihre rückwärts zusammengebundenen Handgelenke schnitt eine feine Schnur in das Fleisch ein, wo sie vollständig in einer winzigen roten Kerbe verschwand, aus der ein Blutstropfen in wahnsinniger Trägheit hervorquoll, einen Finger hinunterlief und schließlich mit einem sonderbar musikalischen Klang in das Wasser der Quelle fiel.   - Julien Gracq, Auf Schloß Argol. Berlin 1987 (zuerst 1938)

Grasbüschel (2)

- N. N.

 

Gras

 

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