ötterspeise  Die Götter essen nicht Alles ohne Kritik und Unterschied; im Gegentheil ein Gott ißt nur, was er ist, was seine Farbe trägt, was gleicher Eigenschaft, gleichen Wesens mit ihm ist. So ißt der männliche Gott männliche, der weibliche Gott weibliche Thiere, die ewige Jungfrau ein jungfräuliches Kalb, die fruchtbare Mutter Erde eine Schweinsmutter, der schnelle Gott, wie der Fluß- oder Sonnengott, das schnelle Roß, der finstere, düstere Gott dunkelfarbige, der lichte, heitere Gott hellfarbige Thiere, der alterthümliche Gott alterthümliche Speisen, so Carna Schweinespeck und Bohnen vermischt mit geröstetem Spelt, so Cybele als Göttin "der ältesten Zeit" die "älteste Kost, mit Kräutern vermischte Käse," die "ländliche Gottheit" dagegen, so Pales, Hirse und Kuchen von Hirse. - Ludwig Feuerbach, nach (lte)

Götterspeise (2) Der Gott Banu bevorzugt Hühnchen, Piment und Antilopenaugen. Der Gott Xhan Gegrilltes, bis auf die Knochen verbrannte Opfer. Der Gott Sanu weidet sich an Innereien und lebendig im Wasserbad gekochten Tieren. Der Gott Sirnisi bevorzugt kleine Speisen, Lerchen, Nachtigallen, aber sie müssen langsam zu ganz, ganz, ganz feiner Asche verbrannt werden. Der Gott Kambol,  der vom Menschen gekostet hat, ist - ach! -gierig auf Mensch oder vielmehr auf Mädchen, auf Fleisch, das die Fülle der Frau noch nicht erreicht hat, das »noch den Hang erklimmt«. Das braucht er. Man versucht natürlich, ihn mit noch jungen Schweinen, zwischen Schwein und Ferkel, zu täuschen, und hier und da, um ihn besser in die Irre zu führen, legt man eine Hand, einen Finger, einen zarten Arm auf diese Schweinerei.  - (mich2)

Götterspeise (3)  Meine bis auf die Zähne bewaffneten Tschuwaschen brachten mir nach der Durchsuchung des Dorfes den Ortsvorsteher Dawledbaja Schakir geschleppt, der in der Hand einen Käfig mit drei weißen Eichhörnchen hielt, und einer von den Tschuwaschen, der am besten Russisch sprach, wandte sich zu mir mit folgender Aufklärung: »Die Tschuwaschen rechtgläubig seit ein, zehn, dreißig, fünfzig Jahren - die Tscheremisen Heiden, Schweine.« Und während er der Hand Dawledbaja Schakirs den Käfig mit den weißen Eichhörnchen entwand, fuhr er fort: »Weißes Eichhörnchen ihr Gott sein - ein, zwei, drei Götter. Dieser Mann Priester, springt mit Eichhörnchen, springt, betet zu es. Du wirst ihn taufen...«

Die Tschuwaschen gebärdeten sich so drohend, daß ich befahl, Wasser zu holen, und den Dawledbaja Schakir besprengte, wobei ich unverständliche Worte murmelte. Dann ließ ich ihn frei.

Die tscheremisischen Götter wurden hierauf abgehäutet, und ich kann jedem versichern, daß der Herrgott der Tscheremisen eine sehr gute Suppe gibt.

Dann machte mir der mohammedanische Lokalmulla Abdulhalej seine Aufwartung und sprach mir seine Freude darüber aus, daß wir die Eichhörnchen aufgegessen hatten. »Jeder muß an etwas glauben«, sagte er, »aber an Eichhörnchen, das ist eine Schweinerei. Sie springen nur von Baum zu Baum, und wenn sie im Käfig sind, machen sie an. Für so einen Herrgott bedanke ich mich.« Er brachte uns einen Haufen gebratenen Hammelfleisches und drei Gänse und versicherte uns, wenn die Tscheremlsen sich in der Nacht auflehnen würden, würden alle Tataren an unserer Seite kämpfen.

Doch passierte nichts, da, wie Dawledbaja Schakir erklärte, der sich am Morgen zu unserem Abmarsche eingefunden hatte, der Wald voller Eichhörnchen war. - Das Hašek-Lesebuch. Zürich 2008

Götterspeise (4)  

Götterspeise (5)  Auch die Flammen des Gasherds, im Haus von Rosie Antoine, das Holzfeuer in einer Nische des Versammlungsraumes, ein paar elektrische Birnen wirken verkettet um einen unheimlichen Nachtraum, in dem die Gläubigen und die Götter eingefangen werden. Am Eingang im Kräutergarten ein Lehmhügel, ein Stein für Elegba - früher stand dort eine afrikanische Statue mit disproportionierter Nille, heute nur noch dieser phallische Stein, fast wie ein indisches Lingam.

Rechts und links neben dem Vodounkwe, dem Haus für die Heiligen, zwei etwa tischgrosse Plattformen aus Lehm, für Ogum die eine, für Sakpata die andre. Kerzen auch hier.

Nacheinander kommen elf Leute im Tent zusammen. Vor allem ältere Frauen. Auch Kinder und alte Männer.

Sogar ein Yoruba. Er hat Pigmentstörungen. Seine Hände, sein Gesicht sind weiß, braun, rosa gefleckt - eine horrende, eingewachsene Kultbemalung.

Patrick Antoine, der Priester, kommt und sein hübscher, elfjähriger Sohn Andrew, auf den das Priesteramt einmal übertragen werden soll.

Andrew ist das Chouchou der orthodoxen Omas. Die Frauen pellen grosse, schwarzgeäugte, gekochte Erbsen. Rosie kocht die Göttergerichte: Bohnen ohne Salz, Mais, Erbsen für Dangbwe, gemahlenes Popcorn, Kochbananen für Nan Dudu, Mais, Erbsen, Erbsenklösse für Ogum - aber mit Salz. Acra heissen die in öl gebackenen Erbsenklösse hier, sie schmek-ken wie die grösseren, Abarä genannten, in Bahia. Alle Götter nehmen gerne öl zu sich.  - (xan)

 

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