Goetheporträts, schopenhauerische  (angebliche)  Schopenhauer, seinem blutjungen Verehrer, muß der greise Goethe regelrecht Modell gesessen haben. In einem technisch aufwendigen und wahrhaft rücksichtslosen Realismus zeigen die Bilder das von Falten zerfurchte, von großen Warzen und anderen Hautveränderungen entstellte Gesicht eines alten Trunkenboldes. Selbst dem Augenweiß des Dichterfürsten ist keines der verästelten Äderchen erlassen worden. Die Existenz dieser Zeichnungen ist der biographischen Forschung durch einen Brief Goethes an die Mutter des Philosophen bekannt. Stets jedoch galten die Bilder als verloren. Nun liegen sie vor. Der humorigen Bemerkung unseres Nationaldichters, er sei »in umständlicher Gründlichkeit ganz nach meiner notdürftigen Natur« portraitiert worden, werden heutige Betrachter in ehrfürchtigem Erschrecken zustimmen müssen. Aber mehr noch als die häßliche Genauigkeit jedes einzelnen Portraits vermag ein Eindruck nachzuwirken, der sich erst nach und nach durch die ganze Serie mitteilt: Bild für Bild scheint den Weimarer Heroen mehr von seiner Männlichkeit zu verlassen, bis sein Antlitz in der letztdatierten Zeichnung auf eine anstößig falsche und in ihrer Verfehltheit zugleich anrührende Weise verweiblicht erscheint.  - Georg Klein, Anrufung des blinden Fisches. Berlin 2000

Goethe Porträt Schopenhauer


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