önner   AN STAATSRAT GRAF VON CHESTERFIELD. 7. Februar 1755

Exzellenz, wie mir der Herausgeber der World kürzlich mitgeteilt hat, sind Ew. Gnaden der Verfasser zweier Aufsätze, in denen mein Wörterbuch der Leserschaft empfohlen wird. Dies ist eine Ehrung, bei der ich, ungewohnt der Gunstbezeugungen von hoher Seite, einigermaßen in Verlegenheit bin, wie ich sie aufnehmen soll.

Als ich auf leise Aufmunterung hin bei Ew. Gnaden zum erstenmal vorsprach, war ich wie alle Welt von Ihrer Liebenswürdigkeit überwältigt und unwillkürlich von dem Wunsche beseelt, mich le vainqueur du vainqueur de la terre rühmen zu können und jene Gunst zu gewinnen, um die ich einen jeden buhlen sah. Allein ich fand mich in meiner Aufwartung so wenig bestärkt, daß weder Stolz noch Bescheidenheit sie mich fortsetzen ließen. Nachdem ich einmal öffentlich an Ew. Gnaden gelangt war, hatte ich schon alles erschöpft, womit ein weltfremder Gelehrter für sich einzunehmen wüßte. Ich hatte alles getan, was ich konnte, und keiner sieht gerne sein Alles verschmäht, sei es noch so gering.

Sieben Jahre ist es nun her, Exzellenz, seit ich in Ihrem Vorzimmer wartete, beziehungsweise von Ihrer Türe gewiesen wurde. Inzwischen habe ich mein Werk unter Schwierigkeiten vorangebracht, über die zu klagen keinen Sinn hätte; ich habe es bis zur Drucklegung fertiggestellt, ohne irgendwelche Unterstützung, Förderung oder sonstige Teilnahme erfahren zu haben. Einer solchen Behandlung konnte ich mich nicht versehen, da ich noch nie zuvor einen Gönner hatte.

Der Hirte bei Vergil lernte Amor schließlich kennen und fand ihn «auf hartem Geklipp erzeuget».

 Ist ein Gönner nicht wie einer, der gleichmütig zuschaut, wenn ein Mann im Wasser mit Leben und Tod ringt, um ihn dann, sobald er festen Grund gefunden hat, mit Hilfe zu überhäufen ? Die Beachtung, die Sie meinem Schaffen zu schenken geruhten, wäre liebenswürdig gewesen, so sie früher gekommen; aber sie hat so lange auf sich warten lassen, bis ich jetzt abgestumpft bin und mich darüber nicht freuen kann; bis ich, vereinsamt, sie mit niemand teilen kann; bis ich, ohnehin bekannt, ihrer nicht mehr bedarf. Es kann kaum als ungehörig gelten, Verpflichtungen nicht anzuerkennen, wo keine solchen bestehen, oder die Leute nicht gerne im Glauben zu lassen, ich verdanke das einem Gönner, was die Vorsehung mich selber zustande bringen ließ.

Nachdem ich bisher mein Werk mit so wenig Förderung von befreundeter Seite geschaffen habe, soll es mich nicht verdrießen, es womöglich mit noch weniger zu vollenden; denn ich bin längst aus jenem Traum erwacht, in welchem ich mich einst so hoffnungsvoll rühmte als Ew. Gnaden höchst ergebenen und gehorsamen Diener,

SAMUEL JOHNSON

 - (johns)

Dichter Hilfsbereitschaft

 

Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Mäzen
Synonyme