Glocke »Ich machte mich also schnell auf die Hacken, um fortzukommen, solange der da unten noch mit seiner sauberen Arbeit beschäftigt war. Ich schob den Riegel wieder vorsichtig vor und kletterte hinunter. Es war aber so stockdunkel, daß ich meine Taschenlampe anknipste. Ich wollte, ich hätte das nicht getan! Da stand ich auf der Leiter, und direkt unter mir hingen die Glocken - du Himmlischer, das kalte Grausen kam mich an! Mir wurde heiß und kalt, und der Schweiß brach mir aus allen Poren, und zu allem Unglück rutschte mir auch noch die Lampe aus der Hand und fiel hinunter, direkt auf eine Glocke. Das gab einen Ton - meinen Lebtag werde ich diesen Ton nicht mehr vergessen! Nicht laut, sondern so schaurig-süß und drohend, und er hörte gar nicht mehr auf- es wurden immer mehr Töne und sie kamen alle zu mir rauf, direkt in meine Ohren. Sie werden mich sicher für übergeschnappt halten, aber ich kann Ihnen sagen, die Glocke wurde richtig lebendig. Ich mußte meine Augen zumachen und mich fest an die Leiter klammern - ich wünschte bloß, ich hätte mir einen andern Berut ausgesucht. Danach können Sie sich ungefähr vorstellen, wie mir zumute war.«

»Sie haben eine zu lebhafte Phantasie, Nobby«, ermähnte Mr. Parker.

»Na, warten Sie, Parker«, fiel Lord Peter ein, »bis Sie selber mal mitten in der Nacht an einer Leiter in der Glockenstube hängen.«   - Dorothy Sayers, Die neun Schneider. Frankfurt am Main 1966

Glocke (2)

Glocke (3)  »Du kannst keinen Apfel sehen, ohne ihn zu schälen«, sagte Frau Inge.

»Ich werde euch nicht enthäuten«, sagte Harald.

»Der Tee wird kalt werden«, sagte Frau Inge.

»Es könnte mir der Vorwurf gemacht werden, daß ich einen Frommen, der unter uns weilt, gekränkt habe«, sagte Harald.

»Du erkennst meistens zu spät, was du angerichtet hast«, sagte Frau Inge.

»Verzeih mir, Egil Berg«, sagte zerknirscht Harald über den Tisch und reichte dem Angeredeten die Hand.

»Ich bin nicht fromm«, sagte Egil Berg mit plötzlichem Verstehen, »es ist hier ein Mißverständnis. Vielleicht kann ich es aufklären.«

»Wir können also getrost von den Heiligen Peter und Paul sprechen«, sagte Harald.

»Was wird das wieder für ein Unsinn sein«, sagte Frau Inge.

»Sie sind die lieblichen Glocken einer sehr göttlichen Angelegenheit«, sagte Harald.

»Wie können Heilige Glocken sein«, sagte empört Frau Inge.

»Der Name gefällt nicht, wählen wir den anderer gottstarker Männer, deren Fest auf den gleichen Tag kommt«, sagte Harald, »Kosmas und Damian.«

»Aus deinem Gerede kann nichts Vernünftiges werden«, sagte Frau Inge.

»Wir haben das pendelnde Klingen in unserer Hose, daß du es endlich begreifst«, sagte Harald.

»Ich schäme mich für dich«, sagte Frau Inge, »was für eine abgeschmackte Erfindung, unflätig die Namen von Kirchenvätern zu mißbrauchen.«

»Das Natürliche ist stets die Folge eines heiligen Gedankens«, sagte Harald. - Hans Henny Jahnn, Perrudja. Frankfurt am Main 1966 (zuerst 1929)

 

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