Gleichstrom   Auch wenn mich die Gleichstrombehandlungen erschöpfen, habe ich genug Zeit, über die verschiedensten Dinge nachzudenken. Die ersten zwei Stunden nach der Anwendung liege ich wie bewusstlos auf dem starren Laken meines Bettes. Oft erwache ich tatsächlich erst langsam aus einer von den Ärzten kalkulierten Ohnmacht. Dann scheint eine Leere in mich hineinzustarren. Anschließend ziehen sich die Muskeln meines Körpers stückchenweise zusammen. Sie spannen sich unwillkürlich an und lassen mikroskopische Wellen durch meinen Leib laufen. Ich frage die Ärzte, was das bedeuten könnte, aber sie sagen nur, es handele sich um eine völlig normale Reaktion, die erfahrungsgemäß nach einer guten Stunde wieder abklinge und im Laufe der Behandlung immer weiter zurück--gehe. Ich habe mit der Zeit jedoch eine andere Theorie entwickelt. Mir nämlich erscheint es, als sei meine Erinnerung durch die Gleichstrombehandlung lediglich aus meinem Hirn gelöscht, in meinem Körper jedoch weiterhin vorhanden. Wenn ich nun einige Zeit so daliege, müssen sich die beiden Teile, mein erinnerungsloses Hirn und mein sich erinnernder Körper, auf irgendeine Art miteinander verständigen. Gelänge es ihnen nicht, wäre ich so gut wie tot, bliebe bestenfalls vollkommen apathisch. Mit unwillkürlichen Muskelzuckungen versucht mein Körper, die in ihm noch vorhandene Erinnerung an mein Hirn zurückzugeben. Dieses Zurückgeben der Erinnerung gelingt natürlich nur zu einem sehr bescheidenen Teil und mit ungewissem Ergebnis. Wie, wenn das Hirn die in der Sprache der Muskeln dargebotene Erinnerung gar nicht oder falsch versteht? Leicht könnte das zu neuen Erinnerungen, neuen Gedanken führen. Und wie diese dann löschen? Mit welchem Strom?   - (raf)
 

Elektrizität

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