BRENNENDE GIRAFFE
Ich hörte von einer brennenden Giraffe Ich wollte eine brennende
Giraffe Irgendein ausländischer Maler hat sie angezündet Die Farbe
der Flammen um den Hals Diese Farbe wollte ich Ich setzte ein Spielzeugpferd aus Stroh in Brand Dicker Qualm Zurück blieb der Gestank der Asche Da rannte ich hinaus Ich weinte, aber nicht weil ich traurig war Ich wollte bloß eine
brennende Giraffe Zu sehen waren aber nur braun angesengte Maulbeerblätter
und eine Katze mit einer toten Seidenraupe zwischen den Zähnen, die aus dem Maulbeerhain floh Ich hielt es nicht
aus Irgendwo auf der Welt brannte doch eine Giraffe Ich will eine
brennende Giraffe, schrie ich Im Nachbardorf hinter dem Maulbeerhain
lebte ganz sicher ein Tölpel Täglich zur gleichen Stunde kam er
vorbei Jetzt, am Sommernachmittag, war die Stille bevor der Tölpel
sich auf der Straße zeigte Der unheimlichen Stille schrie ich entgegen
Ich rannte zum verborgenen Wachthäuschen an der Kreuzung Die Glocke hing vom Vordach Neben der Tiire die alte Pumpe Voller Sehnsucht stand ich vor dem dunklen Gefängnis Da schellte die Glocke und zugleich richteten schwarzgekleidete Gestalten die Gewehrläufe ihrer Wasserschläuche auf mich Die Gestalten bedrängten und verhörten mich Wo brennt's? Eben hier brennt's Ich bin der Brand Aber das ist Gesetzesbruch Ich will keine Gesetze Ich will bloß eine brennende Giraffe! Bei dieser Antwort durchbohrte ein Speer aus Wasser scharf meine Brust
(1968)
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