- Sallust, Verschwörung des Catilina
(zuerst ca. 40 v. u. Z.)
Gewissen, schlechtes (2) Man wird
einige Haasen-Hertz finden / die bei der Nacht nicht können allein ligen;
andere trauen ihnen nicht einmahl die Hand auß dem Beth zu recken; andere
erschröcken / wann sie nur ein Mauß hören / wann nur ein Bret kracht /
ein jeden Block und Stock sehen sie für einen Bau / Bau / oder Gespenst
an. O forchtsambe Narren! Wer ist Ursach diser euer Zaghafftigkeit?
Niemand anders / als das böse Gewissen / mala conscientia pavidum facit
et timidum, das üble Gewissen / sagt der H. Chrysostomus Hom. 8.
ad Pop. das üble Gewissen machet / daß der Mensch zu allen Sachen
zittert / und ein stätte Letfeigen abgibt. König Balthasar ein Sohn
deß hochmütigen Nabuchodonosor hielte ein Mahlzeit / worbei Tausend seiner
Obersten als Gäst erschinen; nachdem nun alles ziehrlich zugericht / und
alle zimblich berauscht / und die sammentliche Anwesende in bösten Freuden-
und Jubell-Schall waren / da hat der König wahr genommen / daß drei Finger
von einer unsichtbaren Hand etwas auff die Wand
geschriben / worüber er dergestalten erschrocken / daß er wie ein Wachs
erbleicht / ja er zitterte also an dem gantzen Leib / daß die Knie stäts
zusammen geschlagen. Dan. c. 5. Die meiste Umbstehende haben
dem König dise gefaste Fausen wollen nemmen / ja einige waren / die es
für etwas guts ausgelegt / aber Balthasar zitterte immerfort wie ein Espes
Laub / und ist wenig abgangen / daß ihn nicht gar die Lebens-Geister verlassen;
was hat ihme doch disen Schrocken also eingejagt? Was? Frag ein Weil! Es
hats gemacht das böse Gewissen. -
Abraham a Santa Clara
Gewissen, schlechtes (3)
- George Grosz, nach: Walter Hess, G.G. Dresden 1982 (zuerst
1974)
Gewissen, schlechtes (4) Keiner möchte sich
Feinde schaffen. Keiner möchte sich selbst verachten. Deshalb machen wir oft
Dinge, von denen wir genau wissen, daß sie unsinnig sind. Dabei ist es vielleicht
oft das beste, einen Fehler zuzugeben. Ich möchte aber auch hier wieder die
Psychologie der Mitte sprechen lassen. Fehler zuzugeben ist gut, aber nicht
in jedem Fall. Ein schlechtes Gewissen kann ungeheure Kräfte freisetzen.
- Gerd Binnig, Aus dem
Nichts. Über die Kreativität von Natur und Mensch. München 1992
Gewissen, schlechtes (6) Mir träumte, ich sei mit zwei Freunden in einem Zimmer eines Hotels meiner Vaterstadt. Beide Freunde wollen sich das Leben nehmen.
Die Gründe weiß ich nicht mehr; im Traume aber schien mir ihr Entschluß
sehr begreiflich. Dann befinde ich mich in dem Garten meines
elterlichen Hauses hinter einem Schuppen (ein Plätzchen, das mich in
meiner Kindheit immer ganz eigentümlich ansah). Hier brennt eine Kerze,
es ist fünf Uhr früh, und mir ist, als hätte ich bis jetzt hier
studiert. Ich überlege, ob ich nach Hause, schlafen gehen soll. Denn in
mein Hotelzimmer wollte ich durchaus nicht zurück; mit namenloser Angst
dachte ich daran, mit den beiden Toten allein in einem Zimmer schlafen
zu müssen. Ich nehme mir vor, so zeitig als möglich mich in dem Hotel zu
erkundigen, denke mir schon, wie mir da der Hausknecht gleich
entgegenkommen wird und dergleichen. Doch schon ist es Morgen; ich gehe
auf die halbdunkle Straße, voll banger Spannung, ob wohl die
vorübergehenden Leute schon von den Selbstmördern erzählen. Allerhand
unheimliche Gestalten huschen hastig vorüber, einige flüstern dunkle
Worte, die sich mir auf die Selbstmörder zu beziehen scheinen, und ich
erwache mit heftigem Herzklopfen. - Johannes Volkelt, nach
(je)
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