I. Der Bio-Überlebens-Gewinner: «Ich werde ewig leben oder beim Versuch, dies zu erreichen, sterben.»
II. Der gefühlsbezogen-territoriale Gewinner: «Ich bin frei; du bist frei; wir können unsere Einzeltrips haben oder wir können auf demselben Trip sein.»
III. Der semantische Gewinner: «Ich lerne mehr — inklusive, wie ich mehr lerne.»
IV. Der sozio-sexuelle Gewinner: «Liebe und tu was du willst.»
V. Der neurosomatische Gewinner: «Mein Befinden hängt von meinem neurologischen Know-how ab.»
VI. Der metaprogrammierende Gewinner: «Ich bestimme meine eigenen Übereinstimmungen, Synchronizitäten, mein Glück und Schicksal.»
VII. Der neurogenetische Gewinner: «Die zukünftige Entwicklung beruht auf meinen jetzigen Entscheidungen.»
VIII Der neuroatomare Gewinner: «In der Provinz des Mind ist das, was als wahr erachtet wird, wahr oder es wird wahr innerhalb von Grenzen, die man sich durch Erleben und Erfahren aneignet.» (Dr. John Lilly) - (ill)

Gewinner ⁽²⁾ Ein Rhetoriker der alten Zeit sagte, sein Beruf sei es, kleine Dinge groß erscheinen und für groß halten zu lassen. Das ist ein Schuster, der große Schuhe für einen kleinen Fuß zu machen versteht. In Sparta hätte man ihm dafür die Rute geben lassen, mit einer Kunst der Lüge und Prellerei sein Gewerbe zu treiben.

Und ich glaube, daß Archidamas, der daselbst König war, nicht ohne Erstaunen die Antwort des Thukydides hörte, bei dem er sich erkundigte, wer der Stärkere im Ringkampf sei, Perikles oder er: das, sagte dieser, wäre schwer auszumachen; denn wenn ich ihn im Ringen zu Boden gebracht habe, überredet er die Leute, die es gesehen haben, er sei nicht gefallen, und gewinnt. - (mon)

Gewinner ⁽³⁾  Das war interessant, der Einsatz von künstlichen Wesen in der Kriegsführung. Wie hatte das begonnen? Notwendigkeit. Die Partei, die den Krieg angefangen hatte - in diesem Fall die Sowjetunion -, erzielte wie üblich zunächst große Erfolge. Weite Teile Nordamerikas waren dem Erdboden gleichgemacht worden. Natürlich ließ der Vergeltungsschlag nicht lange auf sich warten. Bereits vor Kriegsbeginn zogen am Himmel zahllose Scheibenbomber ihre Kreise; sie waren schon jahrelang dort oben gewesen. Nur wenige Stunden nach dem Angriff auf Washington wurden die Scheibenbomben schon über ganz Rußland abgeworfen. Doch das hatte Washington nichts geholfen. Bereits im ersten Jahr übersiedelten die Regierungen des amerikanischen Blocks in die Mondstation. Sonst blieb ihnen nicht viel zu tun. Europa existierte nicht mehr, es war nur noch ein Haufen Schlacke, auf dem aus Asche und Knochen dunkles Gestrüpp wucherte. Der größte Teil Nordamerikas war unbewohnbar geworden; nichts konnte angebaut werden, niemand konnte dort leben. Oben in Kanada und unten in Südamerika vermochten sich noch einige Millionen Menschen zu halten. Doch während des zweiten Jahres begannen sowjetische Fallschirmspringer zu landen, zunächst nur wenige, dann immer mehr. Sie besaßen die ersten wirklich strahlensicheren Anzüge; was von Amerika noch übrig war, zog zusammen mit den Regierungen auf den Mond.

Alle, außer den Truppen. Die restlichen Truppen blieben zurück und schlugen sich durch, so gut sie konnten, ein paar tausend hier, ein Zug dort. Niemand wußte genau, wo sie waren; sie hielten sich auf, wo immer es ging, marschierten nachts, versteckten sich in Ruinen, Abwasserkanälen und Kellern, zwischen Ratten und Schlangen. Es schien, als hätten die Sowjets den Krieg schon fast gewonnen. Abgesehen von einer Handvoll Geschosse, die täglich vom Mond aus abgefeuert wurden, waren kaum Waffen gegen sie im Einsatz. Sie kamen und gingen, wie es ihnen beliebte. Der Krieg war praktisch beendet. Man hatte ihnen nichts Wirkungsvolles entgegenzusetzen.

Und dann tauchten die ersten Greifer auf. Und über Nacht bekam der Krieg ein neues Gesicht.

Am Anfang waren die Greifer unbeholfen. Langsam. Der Iwan erledigte sie fast genauso schnell, wie sie aus ihren unterirdischen Tunnels gekrochen kamen. Doch dann wurden sie besser, schneller und geschickter. Hergestellt wurden sie in Fabriken, alle auf Terra. In Fabriken tief unter der Erde, hinter den sowjetischen Linien, in Fabriken, die früher einmal Atomgeschosse produziert hatten und nun fast vergessen waren.

Die Greifer wurden schneller, und sie wurden größer. Neue Typen tauchten auf, manche mit Fühlern, andere, die fliegen konnten. Es gab ein paar springende Sorten. Die besten Techniker auf dem Mond arbeiteten an ihrer Konstruktion und entwarfen immer kompliziertere und flexiblere Typen. Sie wurden unheimlich; der Iwan hatte eine Menge Ärger mit ihnen. Einige der kleinen Greifer hatten gelernt, sich zu verstecken, sich in die Asche einzugraben und im Hinterhalt zu lauern.

Und sie begannen, in die russischen Bunker einzudringen, hineinzugleiten, während die Deckel zum Lüften oder Ausschauhalten offen waren. Ein Greifer im Inneren eines Bunkers, eine rasende Kugel aus Messern und Metall - das genügte. Und wenn einer hereinkam, folgten andere nach. Mit einer solchen Waffe konnte der Krieg nicht mehr lange dauern.

Vielleicht war er schon beendet.

Vielleicht würde er die Neuigkeit hören. Vielleicht hatte das Politbüro beschlossen, das Handtuch zu werfen. Schade, daß es so lange gedauert hatte. Sechs Jahre. Eine lange Zeit für einen Krieg, der mit solchen Mitteln geführt worden war. Die automatischen Scheibenbomben, die als Vergeltungsschlag zu Hunderttausenden über ganz Rußland niedergingen. Bakterienkristalle. Die sowjetischen Fernlenkgeschosse, die durch die Luft pfiffen. Die Kettenbomben. Und jetzt das, die Roboter, die Greifer - Die Greifer waren nicht wie andere Waffen. Praktisch gesehen waren sie lebendig, ob die Regierungen das nun zugeben wollten oder nicht. Das waren keine Maschinen. Das waren lebende Wesen, die rotierten, krochen, plötzlich aus der grauen Asche hervorschnellten und über einen Menschen herfielen, an ihm hinaufkletterten und sich auf seine Kehle stürzten. Und genau dafür waren sie konstruiert worden. Das war ihre Aufgabe.

Sie erfüllten ihre Aufgabe gut. Besonders in letzter Zeit, seit die neuen Modelle rauskamen. Jetzt reparierten sie sich selbst. Sie waren unabhängig. Strahlungsstreifen schützten die UN-Truppen, doch wenn ein Mann seinen Streifen verlor, war er Freiwild für die Greifer, egal welche Uniform er trug. Tief unter der Erdoberfläche wurden sie von automatischen Anlagen hergestellt. Menschen hielten sich von ihnen fern. Es war zu riskant; niemand wollte in ihrer Nähe sein. Sie wurden sich selbst überlassen. Und sie schienen gut zurechtzukommen. Die neuen Modelle waren schneller und komplexer. Effizienter.

Offensichtlich hatten sie den Krieg gewonnen.  - Philip K. Dick, Variante zwei. Aus: P.K.D., Variante zwei. Sämtliche Erzählungen Band 3. Zürich 1995 (zuerst 1985)