esichtsbearbeitung "Als er aus dem Meer herauskam, sah er einen Mann am Strand stehen - an seinem geliebten Strand, müssen Sie bedenken, den er als seine eigene geheiligte Zufluchtsstätte betrachtete. Er watete auf ihn zu un verwünschte den Pöbel der Feiertage, der sich überall mit seinen Zigarettenpäckchen, seinen Kodaks und seinen Grammophonen breitmachen mußte - und dann sah er, daß es ein Gesicht war, das er kannte. An jenem klaren sonnigen Morgen erkannte er jede verhaßte Linie darin. Und so früh es auch war, schon stieg die Hitze wie ein Dunst über dem Meer auf.."
"Ja, es war ein heißes Wochenende", stimmte der Inspektor zu.
"Und dann rief ihm der Mann etwas zu in seiner gezierten, eingebildeten Stimme. 'Nanu', sagte er, 'Sie hier? Wie haben Sie denn meinen kleinen Badestrand entdeckt?' Und das war zuviel für den Maler. Er hatte das Gefühl, als habe man ihm seine letzte Zufluchtsstätte geraubt. Er sprang ihm an die magere Kehle - wie Sie sehen, ist sie ziemlich sehnig mit einem hervorstehenden Adamsapfel - eine irritierende Kehle. Das Wasser gluckste um ihre Füße, als sie hin- und herschwankten. Er spürte, wie seine Daumen in das Fleisch sanken, das er gemalt hatte. Er sah - und frohlockte darüber - wie die widerlichen, vertrauten Züge sich änderten, lila anliefen und bis zur Unkenntlichkeit anschwollen. Er beobachtete, wie die tiefliegenden Augen heraustraten und der dünne Mund sich verzerrte, als die geschwärzte Zunge sich vorschob - ich habe es doch hoffentlich nicht zu gruselig für Sie ausgemalt?"
Der Inspektor lachte.
"Kein bißchen. Sie verstehen es wunderbar, die Vorgänge zu schildern. Sie sollten ein Buch schreiben."
"Ich singe, wie der Vogel singt
der in den Zweigen wohnet"
erwiderte seine Lordschaft nachlässig und fuhr ohne
weitere Bemerkung fort:
"Der Maler erdrosselte
ihn und schleuderte ihn zurück in den Sand. Er sah ihn an und in seinem
Herzen jubelte es. Dann streckte er die Hand aus und fand rinr
zerbrochene Flasche mit einer schön ausgezackten Kante. Mit
Begeisterung machte er sich ans Werk und bearbeitete das Gesicht, das
er so gut kannte und so verabscheute. Er löschte es aus, zerstörte es
völlig." - Dorothy Sayers, Die Katze im Sack. Bern,
München 1979
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