esicht, letztes Die Schnauze der pseudoäffischen Musiker
hat ein eindeutig menschliches Vorbild. Ich kann es als Bilddokument,
als Fotografie, vorlegen. Es ist die letzte Aufnahme des Philosophen Schopenhauer,
ein bislang unbekanntes Brustbild, entstanden vier Tage vor seinem
Tode. Von einer Lungenentzündung bereits endgültig geschwächt, hat sich
der Greis noch einmal in Rock und Kragen geworfen, hält noch einmal mit
fester Miene der langen Belichtungszeit stand. Ach, wie könnte uns das
Bild des Todgeweihten rühren, wie wüßten uns seine fiebrig blitzenden
Äuglein im Guten zu fesseln, wenn seine Lippen nicht zu diesem
schrecklichen Grinsen geschürzt wären! Es ist die pseudoäffische
Grimasse seiner Musikanten, die er im letzten Gesicht trägt. Wer den
Automaten nicht in natura kennt, wird die vier kleinen Gestalten im
Hintergrund der Fotografie für irgendwelchen Nippes halten. Ich erkenne
sie, und ich weiß ihre eigentümlich verwischte Unscharfe zu deuten: Dort
hinten spielt Schopenhauers Automat, während sein Leib ein letztes Mal
für ein Bild still hält. Auf mich, auf die schwachen Schultern eines
Museumsleiters, ist die Einsicht herabgesunken; bleischwer liegt mir das
Gesicht auf dem Gemüt. Und nur im guten Traum, das spindelförmige
Geiglein am Hals, als fünfter Affe die Janitscharenmusik Schopenhauers
fidelnd, bin ich selbst Teil des musikalischen Automaten und damit
unseres Geheimnisses selig enthoben. - Georg Klein, Anrufung des blinden Fisches. Berlin 2000
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