esellschaftsform,
natürliche
»Ich dachte also nach... Wir hatten es mit einer neuartigen Tyrannei
zu tun, mit einer Tyrannei, die nicht das Ergebnis gesellschaftlicher Fiktionen
war. Aber woher kam sie dann? Etwa aus natürlichen Eigenschaften? Wenn ja,
dann gute Nacht, freie Gesellschaft! Denn wenn eine Gesellschaft, in der nur
die natürlichen Eigenschaften der Menschen am Werk sind - jene Eigenschaften,
mit denen sie zur Welt kommen, die naturgegeben sind und gegen die niemand ankommt
-, wenn eine solche Gesellschaft nichts als eine Anhäufung von Tyranneien ist,
wer wird dann noch den kleinen Finger rühren und zu ihrer Heraufkunft beitragen
wollen? Tyrannei auf Tyrannei? - dann soll gleich die bleiben, die nun schon
einmal da ist, an die wir uns gewöhnt haben und die wir fatalerweise weniger
spüren, als wir eine neue zu spüren bekämen, trotz des Schrecklichen, das allen
Schikanen der Natur anhaftet - gegen sie aufzubegehren ist zwecklos, wie man
ja auch gegen den unumgänglichen Tod keine Revolution anzetteln kann oder wegen
einer niederen Abstammung, wo man doch eine höhere gewünscht hätte. Und ich
hatte Ihnen ja schon auseinandergesetzt, daß, sollte aus irgendeinem Grunde
eine anarchistische Gesellschaft nicht zu verwirklichen sein, eben die bürgerliche
bestehen bleiben muß, weil sie - von der anarchistischen Gesellschaft abgesehen
- natürlicher ist als jede nur denkbare andere Gesellschaft. -
Fernando Pessoa, Ein anarchistischer Bankier. Berlin 1986 (zuerst 1922)
|
||
|
||