eschwätz  Am 12. Januar 1793 las ich in einem politischen Journal einige Unterhandlungen zwischen einer Republik und einem französischen Residenten, hierauf ein paar Reports von dem Minister für das Innere in Frankreich usw. Ich ward des Geschwätzes müde. Hierauf brachte mir jemand folgendes Buch: Benjamin Franklins Jugend-Jahre von ihm selbst für seinen Sohn beschrieben und übersetzt von Gottfried August Bürger. Mein Gott, was für ein Unterschied zwischen der Lektüre eines wahrhaft großen Mannes und dem unnützen Ministerial-Gezänk zweier Staaten von denen mich keiner etwas angeht. Was für Zeit wird mit solchem politischen Geschwätz verdorben. Was nützt 9 Menschen unter 10, ja 99 unter 100 davon auch nur eine Zeile zu wissen? Man würde recht einsehen was für Narrenspossen dieses sind und wie sehr alles an ein elendes Geklatsche grenzt, wenn es einen zeitlichen Richter über die Großen gäbe, so wie es einen über uns gibt. Schickte die liebe Gott alle Jahre eine Kommission von Engeln auf die Erde, die herum reisten wie die Richter in England: so wird vielleicht in den ersten Jahren ein paar Erdengötter und ein paar Minister aufgeknüpft, und so wäre alles ruhig. Es wird gewiß von unsrer Jugend jetzt viel zu viel gelesen, und man sollte gegen das Lesen schreiben, wie gegen Selbstbefleckung, nämlich gegen eine gewisse Art von Lektüre. Es ist angenehm aber so schädlich als immer das Branntwein-Trinken. - (licht)

Geschwätz (2)  »Mais vous vous ennuyez«, sagte ein Geck zu dem alten kaustischen Kaunitz, der über ein Geschwätz verdrießlich aussah. »Je ne m'ennuye jamais, mais l'on m'ennuye«, antwortete der Alte.  - (seume)

Geschwätz (3)   Die dummen Diskussionen sind mir langweilig geworden. Ein Kontertanz von Argumentationen. Ein hochmütiges Klugreden von Intellektuellen. Leere Formeln der Philosophie. Unsere Gespräche wären wundervoll, ach ja, voller Logik, Disziplin, Erudition, Methode, Präzision, grundsätzlich, bedeutungsvoll, entdeckungsreich, wenn sie nicht zwanzig Stockwerke über uns stattfänden. Jüngst war ich bei einem gewissen Intellektuellen zum Frühstück. Niemand, der seine auf so viele Zitate gestützten Definitionen gehört hätte, würde geahnt haben, daß dieser ein völlig blinder Hohlkopf ist, der sich in einer höheren Sphäre auslebt.

Diese Überdrüssigkeit empfinde nicht nur ich. Und sie ermutigt immer weniger zum Gedankenaustausch. Fast höre ich mich schon nicht mehr hinein in den Inhalt der Worte, sondern höre nur, wie sie gesprochen sind; und ich verlange von einem Menschen nur noch, daß er sich nicht durch seine eigenen Weisheiten dumm machen lasse, daß seine Weltanschauung ihn nicht des natürlichen Verstandes beraube, seine Doktrin ihm nicht die Menschlichkeit nehme, sein System ihn nicht versteife und mechanisiere, seine Philosophie ihn nicht abstumpfe. Ich lebe in einer Welt, die sich noch von Systemen, Ideen, Doktrinen nährt, aber die Symptome der Unverdaulichkeit werden immer deutlicher, der Patient hat schon den Schluckauf. - (gom)

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