eschöpf,
satanisches
Joaquim Nabuco meint, im ganzen Werk von José de Alencar finde man nur
diesen einen ermüdenden Kontrast: ›den Körper mit seinen Raubtierinstinkten
und die Seele mit ihrer Keuschheit. Eselin und Engel
wechseln einander ständig ab, die animalische Natur und die göttliche.‹ Nachdem
ich das alles gelesen hatte, Herr Richter, kam mir eine Erleuchtung. Ich bemerkte,
daß es auch in Sinésios Geschichte zwei Frauentypen gab: eine blonde Prinzessin
wie Ceci, nämlich Clara, und eine dunkelbraune wie Isabela, nämlich Genoveva
Moraes. Außerdem erzählt José de Alencar noch die Biographie einer weiteren
Prinzessin: es ist Lúcia oder Lucíola. Der größte
Reiz, das größte Rätsel dieser Frau besteht
darin, daß sie zwei getrennte Naturen in sich vereinigt, die eines keuschen
Engels und die einer brünstigen Eselin. Wenn ihre Engelsnatur überwog, sagt
José de Alencar, war ›alles weiß und glänzend wie ihre heitere Stirn: sie trug
nur feine Linnenkleider und Spitzen und als Schmuck nur Perlen; kein Band, ja
nicht einmal ein Goldreif entstellte das glänzend-lichte Bild.‹ Wenn sich aber
die brünstige Eselin in ihr Bahn brach, änderte sich alles. Der Erzähler seiner
Geschichte, der sie einmal besitzen durfte, spricht davon in folgenden Worten:
›Das samtene Haarnetz flog durch die Luft, ihre üppigen schwarzen Haarflechten
rollten über die Schultern, kräuselten sich bei der Berührung mit der samtenen
Haut, und meinen bestürzten Augen bot sich, in Lichtwellen schwimmend, im Glanz
ihrer Nacktheit die schönste Bacchantin dar, die je mit lüsternem Fuß die Trauben
von Korinth zerstampfte. Sie zu besitzen, war ein Delirium, ein so konvulsivischer
Genuß, daß mich durch die unermeßliche Wollust hindurch eine schmerzliche Empfindung
durchströmte, als ob ich mich mitten im Opiumrausch auf einem Dornenbett wälzte.
Im Genuß bog sie sich in schmerzhaften Krämpfen. Wein floß ihr über die Lippen.
Die langen schwarzen Flechten umwallten ihren Leib, sie wiegte ihre Hüften in
sinnlicher Glut und ahmte die Mysterien von Lesbos und den aphrodisischen Ritus
der Jungfrauen von Paphos nach. Ihre Liebe war wie manche fleischfressenden
Pflanzen, das Heidekraut der Leidenschaften, der wilde Kaktus unserer Gefilde.‹
Sehen Sie, Herr Richter? Außerdem erklärt José de Alencar, daß Lucíola, wenn
sie sich wie eine brünstige Eselin aufführte, keine weißen Leinenkleider trug.
Vielmehr trug sie dann >ein scharlachrotes Kleid mit schwarzen Spitzenrüschen
und war so dekolletiert, daß man ihre schönen Schultern sehen konnte. Phantastische
Varianten bei den schwarzroten Kleidern erfüllten das sonderbare Geschöpf mit
satanischem Jubel.‹ - (stein)
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