Als zweites wurde ein viel minderwertigeres Geschlecht, das silberne, von den Olympiern geschaffen. Dem goldenen war es weder an Leib noch an Seele ähnlich. Hundert Jahre lang blieb der Sohn bei der Mutter in Erziehung, spielend und kindisch im Hause. Als sie dann schließlich heranreiften und die Blüte der Jugend erreichten, lebten diese Menschen nur noch sehr kurz, mit allerlei Leiden in ihrer Torheit. Nicht vermochten sie ihre maßlose Herrschsucht gegeneinander zurückzuhalten. Sie wollten die Götter nicht verehren, noch Opfer darbringen, wie es bei den Menschen, je nach ihren Gebräuchen, üblich ist. Zeus ließ sie in seinem Zorn verschwinden, weil sie den Olympiern keine Verehrung erwiesen. Nachdem auch dieses Geschlecht in die bergende Tiefe der Erde versunken war, heißen sie die unterirdischen Seligen bei den Menschen und behaupten nur die zweite Stelle, doch eine gewisse Verehrung kommt auch ihnen noch zu.
Vater Zeus schuf noch ein drittes Geschlecht der Menschen, das eherne, das nicht einmal dem silbernen ähnlich war, aus Eschen: ein schreckliches und mächtiges Geschlecht, dem nur die jammervollen Werke des Ares, nur seine Gewalttätigkeiten gefielen. Speisen aus Mehl aßen diese Menschen nicht, aus Stahl war die Seele dieser Unnahbaren. Riesenkraft besaßen sie und gewaltige Hände Zu den mächtigen Gliedern. Aus Erz waren ihre Waffen, aus Erz ihre Wohnungen, mit Erz arbeiteten sie: das schwarze Eisen gab es noch nicht. Von ihren eigenen Händen besiegt, stiegen sie in den dumpfen Palast des schauerlichen Hades hinunter, namenlos: wie furchtbar sie auch waren, der schwarze Tod nahm sie hin, das helle Licht der Sonne mußten sie verlassen.
Nachdem auch dieses Geschlecht in die bergende Tiefe gesunken war - so gestaltete
Hesiod die Erzählung von den vier Zeitaltern weiter - schuf Zeus das göttliche
Geschlecht der Heroen, die um Theben und Troja die berühmten
Kriege führten. Sie waren gerechter und besser als das eherne Geschlecht und
kamen nach dem Tode auf die Inseln der Seligen, die der Okeanos umfließt, wo
der lebenspendende Acker dreimal des Jahres süße Frucht trägt und wo Kronos
herrscht, von Zeus der Fesseln entledigt. Über das fünfte Geschlecht - das eiserne,
das darauf folgte, konnte sich Hesiod nur beklagen: früher oder später wollte
er leben. Seine Schilderung ging in düstere Wahrsagungen über, beginnend damit,
daß die Kinder mit grauem Kopf zur Welt kommen, und endend damit, daß die Göttinnen
Aidos und Nemesis, in weißes Gewand gehüllt, zu den
Göttern heimkehren und die Menschen schutzlos zugrunde gehen lassen werden.
- (kere)
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