eruch,
schaler Es war abends kurz vor dem Schlafengehen, und
als er eintrat, sah er zu seinem Erstaunen, daß der Fußboden völlig von Schnecken
bedeckt war, die in drei oder vier Schichten übereinander lagen. Er konnte nur
mühsam die Tür zumachen, ohne eine ganze Anzahl zu zerquetschen. Mit dicken
Schneckenklumpen in allen Ecken sah das Zimmer fast rund aus; es war, als stände
er mitten in einer riesigen Versteinerung. Mr. Knoppert knackte mit den Fingern
und sah sich bestürzt um. Die Schnecken hatten nicht nur sämtliche Flächen überzogen:
Tausende hingen in einem grotesken Klumpen vom Kronleuchter in den Raum hinein.
Mr. Knoppert schwankte und griff haltsuchend nach einer Stuhllehne. Was er in der Hand fühlte, war nichts als Schneckengehäuse. Er lächelte mühsam: auch auf der Stuhlfläche ballten sich die Schnecken übereinander wie ein klumpiges Kissen. Aber zunächst mußte etwas mit der Zimmerdecke geschehen, und zwar sofort. Er nahm einen Schirm aus der Zimmerecke, streifte eine Unzahl Tiere davon ab und machte auf dem Schreibtisch eine Stelle frei, wo er sich aufstellte. Mit der Schirmspitze riß er die Tapete ein; ein langer Tapetenstreifen, schwer von Schnecken, hing jetzt bis fast zum Fußboden herab. Plötzlich packte ihn der Zorn. Die Wassersprenger - die würden sie schon in Bewegung setzen. Er schob den Hebel hoch.
In sämtlichen Glasbehältern begannen die Fontänen zu sprühen; es war, als
hebe das ganze Zimmer zu sieden an. Mr. Knoppert schob sich über den Fußboden,
mitten durch die Berge von Schneckenhäusern, es hörte sich an, als träte man
am Strand auf kleine Muscheln. Er richtete mehrere Sprenger auf die Zimmerdecke,
sah aber sofort, das war ein Fehler gewesen. Die aufgeweichte Tapete riß ein,
die Schneckenmasse kam langsam herunter; er zog den Kopf ein, um auszuweichen,
und stieß gleich darauf mit aller Kraft gegen ein schaukelndes Schneckenbündel,
das ihn seitlich am Kopf traf. Halb betäubt sank er in die Knie. Er mußte ein
Fenster öffnen, die Luft hier drinnen war zum Ersticken. Schnecken krochen ihm
über die Schuhe und die Hosenbeine herauf. Zornig schüttelte er die Füße. Er
wollte zur Tür gehen und eine der Hausangestellten zu Hilfe rufen, als ihm der
Kronleuchter schwer auf den Kopf fiel. Er ließ sich auf den Boden fallen und
blieb einen Augenblick benommen sitzen. Das Fenster war nicht zu öffnen, soviel
sah er jetzt, denn die Schnecken lagen in dicken Schichten übereinander auf
allen Fensterbänken. Einen Moment hatte er das Gefühl, er könne nicht aufstehen;
ihm war, als müsse er ersticken. Es lag nicht nur an dem widerlich-schalen
Geruch im Zimmer. Überall an den Wänden sah er lange, mit Schnecken überzogene
Streifen, die ihm die Sicht versperrten wie ein Gefängnisgitter. -
Patricia Highsmith, Der Schneckenforscher. In: P.H., Gesammelte
Erzählungen. Zürich 1973
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