Geruch, individueller   Ihr Duft zog mir in die Nase, das volle, berauschende Aroma, und es wirkte wie eine knallharte Rechte genau aufs Herz, eine satte Gerade mit der ganzen Wucht des Körpers dahinter. Ein Geruch, ein Duft, ist nahezu unbeschreiblich, außer vielleicht unter Zuhilfenahme anderer Düfte, aber kurz und in einem Wort: Jannaire roch nach Frau. Ich habe schon Moschus-Öl und die sinnlose Hoffnung erwähnt, daß es den individuellen Geruch einer Person zum Vorschein bringt. Meistens funktioniert es nicht; oft riecht es bei dem, der es benutzt, einfach nur nach Moschusöl. Allem Anschein nach benutzten es in Miami die meisten Frauen und die Hälfte aller schwulen Männer, aber dieser Eindruck ist falsch. Wenn fünf Frauen zusammen in einem Raum sitzen, und wenn nur eine einzige Moschusöl benutzt, dann ist es so überwältigend stark, daß es sich mit den Parfüms der anderen vier Frauen vermischt und dem verstohlenen Schnüffler den Eindruck vermittelt, alle fünf Frauen waren mit Moschus gesalbt.

Jannaires Moschusduft war nur ganz schwach, da ihr eigener Geruch — oder, um präziser zu sein, Gestank — nach urzeitlichen Sümpfen, finsteren, mit Guano überzogenen Höhlen, bewegtem Meereswasser, Achselschweiß, Mangroven bei Ebbe, Opferblut der Maya, Bartholini-Drüsen, Seife, Maulbeerblättern, Dschungelvegetation, Safran, Kätzchen in einem Pappkarton, Volleyballplätzen der YMCA, Trompetenschnecken, der U-Bahn von Atlanta, der Insel Lesbos und schierer Freude - Patou's Joy — das Moschusöl überlagerte. Ich war überwältigt von diesem massiven Angriff auf meine Nase, übermannt von ihrem weiblichen Aroma. - Charles Willeford, Miami Love. Reinbek bei Hamburg 1993 (rororothriller 3107, zuerst 1988)

 

Geruch Individuum

 

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