enius  Mitten in der Nacht wurde ich von einer Glocke geweckt, die zwölfmal schlug. Nach diesem Vorspiel erwartete ich, irgendein Gespenst zu erblicken, und ich bereitete mich darauf vor, es zu vertreiben, denn im allgemeinen sind sie lästig und ärgerlich. Ich traf also solche Vorbereitungen, als ich plötzlich helles Licht auf einem Tisch erblickte, der in der Mitte des Zimmers stand, und dann zeigte sich dort ein kleiner himmelblauer Rabbiner, der sich vor einem Pult lebhaft bewegte, so wie es die Rabbiner beim Gebet tun. Er war kaum einen Fuß groß, und nicht nur sein Gewand sah blau aus, sondern auch sein Gesicht, sein Bart, sein Pult und sein Buch. Ich erkannte sogleich, daß es sich nicht um ein Gespenst handelte, sondern um einen Genius des siebenundzwanzigsten Grades. Ich wußte nicht seinen Namen, und ich kannte ihn überhaupt nicht. Indessen bediente ich mich einer Formel, die allgemein über sämtliche Geister eine gewisse Macht hat. Darauf wandte sich der kleine himmelblaue Rabbiner zu mir um, und sprach: „Du hast deine Übungen verkehrt herum angefangen, und deshalb haben sich dir die Töchter Salomos zuerst mit den Füßen gezeigt. Beginne mit den letzten Versen, und suche zuerst den Namen deir beiden himmlischen Schönheiten." - (sar)

Genius (2)  Als sie zur Stadt hinaus gekommen waren, schlug Hassan mit seiner Ruthe auf die Erde, und rief die Geister, die ihr unterthänig waren. Sogleich spaltete sich die Erde und es erschienen sieben Genien. Sie sanken bis an die Knie in die Erde, so schwer waren sie, und mit ihren Köpfen berührten sie die Wolken. Dreymal warfen sie sich nieder und küßten die Erde, und dann sagten sie alle mit einer Stimme: Was beliebt euch, Herr und Gebieter? befehlt und wir werden gehorchen. Fordert und wir werden euren Willen vollstrecken. Wenn ihr es befehlt, so trocknen wir Meere aus, und versetzen Berge.

Hassan hatte eine große Freude als er sah, daß die Geister so fertig in Antworten, und so bereit zu gehörchen waren. Wer seyd ihr, sprach er, wie heißt ihr, und zu welchem Stamme gehört ihr? Denn ich weiß, daß ihr alle in Nationen, Stämme und Familien abgetheilt seyd. — Dreymal küßten sie hierauf die Erde, und antworteten mit einer Stimme: Wir sind sieben Könige, von denen ein jeder über sieben Stämme Dschinnen, d. i. Genien, Scheitans d. i. Satane, Mareds d. i. Mareu-deuro, Aunes d. i. Faune, Guls d. i. Cyclopen, Ifrits d. i. Satyrn und Poltergeister aller Art regiert, die die Lüfte, die Meere, die Wüste und die Hölle bewohnen.  - (101)

Genius (3) Merkwürdig ist die Stelle des Proklos in seinem Kommentar zum Alkibiades des Plato: Denn derjenige, welcher unser ganzes Leben leitet, unsere vor der Geburt getroffenen Wahlentscheidungen verwirklicht, die Gaben des Schicksals und der schicksalgeborenen Götter zuteilt, sowie den Sonnenschein der Vorsehung darbietet und zumißt, das ist der Genius . . . Ueberaus tiefsinnig hat den selben Gedanken Theophrastus Paracelsus gefaßt, da er sagt: »Damit aber das F a t u m wohl erkannt werde, ist es also, daß jeglicher Mensch einen Geist hat, der außerhalb ihm wohnt und setzt seinen Stuhl in die obern Sterne. Derselbige gebraucht die Bossen seines Meisters: derselbige ist der, der da die praesagia [Vorzeichen] demselben vorzeigt und nachzeigt: denn sie bleiben nach diesem. Diese Geister heißen  F a t u m .« Beachtenswerth ist es, daß eben dieser Gedanke schon beim Plutarch zu finden ist, da er sagt, daß außer dem in den irdischen Leib versenkten Theil der Seele ein anderer, reinerer Theil derselben außerhalb, über dem Haupte des Menschen schwebend bleibt, als ein Stern sich darstellend und mit Recht sein Dämon, Genius, genannt wird, welcher ihn leitet und dem der Weisere willig folgt. -  Die Stelle ist zum Hersetzen zu lang, sie steht de genio Socratis c. 22. Die Hauptphrase ist:   Das in der Unterströmung im Körper Hinziehende wird Seele genannt; aber das Unvergängliche nennen die meisten Geist und glauben, daß es inwendig in ihnen sei, doch diejenigen, welche die richtige Meinung haben, nehmen an, daß es außerhalb des Menschen sei und nennen es Genius.

Beiläufig bemerke ich, daß das Christemtum, welches bekanntlich die Götter und Dämonen aller Heiden gern in Teufel verwandelte, aus diesem Genius der Alten den Spiritus familiaris [Schutzgeist] der Gelehrten und Magiker gemacht zu haben scheint. - Schopenhauer, Über die anscheinende Absichtlichkeit im Schicksal des Einzelnen. Nach (schop)

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