emeinde   Simon Magus war einst ein Jünger des Täufers Johannes gewesen, von dem geschrieben steht, daß er der Vorgänger unseres HErrn Jesus Christus ist.

Und es hatte der Herr zwölf Apostel um sich geschart, wie es der Zahl der Sonnenmonate entspricht, der Täufer aber hatte dreißig Jünger, wie es der Berechnung des Mondmonats entspricht. Und dem Johannes galt Simon als der Erste und Bedeutendste unter den Jüngern.

Doch als Simon in Ägypten weilte, um die Magie zu studieren, wurde Johannes getötet und der ehrgeizige Dositheos verbreitete die Lüge vom Tod des Simon. Da machten ihn die Gläubigen zum Leiter der Gemeinde.

Als nun Simon heimkehrte, hütete er sich, von Dositheos seinen Platz zu fordern, denn nach der Regel kann der Leiter der Gemeinde gegen seinen Willen nicht abgesetzt werden. Vielmehr heuchelte er Freundschaft mit ihm und gab sich scheinbar mit dem zweiten Platz in der Gemeinde zufrieden.

Doch wenn er alleine mit den anderen Jüngern zusammentraf, sprach er böse über den Dositheos und verleumdete ihn. Und es war nicht sein Lebenswandel, den er verleumdete, sondern mit heuchlerischer Besorgnis tadelte er die Art, wie Dositheos die Lehren weitergab. Am Ende warf er ihm gar vor, aus Unwissenheit und Mangel an Erleuchtung Falsches zu lehren.

Und als Dositheos merkte, daß die Menge wegen der Verleumdungen des Simon begann, an ihm zu zweifeln, und ihn nicht mehr für den Stehenden* hielt, da nahm er seinen Stock und schlug im Zorn auf den Simon ein. Doch siehe, der Stock ging durch den Leib des Magiers hindurch, als wäre er Rauch.

Da erschrak Dositheos und rief: So du der Stehende bist, will auch ich dir huldigen. Und als Simon dies heuchlerisch bejahte, da begriff Dositheos, daß er selbst nicht der Stehende war. Also warf er sich zu Boden und huldigte Simon und wies auch die anderen Jünger an, solches zu tun.

Von nun an hielt die Gemeinde Simon für den Stehenden; Dositheos aber war zu Fall gekommen und starb einige Tage danach.  - Das erste Buch der Apostelgeschichten, nach: Die andere Bibel. Hg. Alfred Pfabigan. Frankfurt am Main 1990

Gemeinde (2)  Da gab es in der Sektengemeinschaft zwei alte Frauen, die sich vor ihrer Bekehrung gegenseitig verleumdet und einander eine Ehe und eine Erbschaft ruiniert hatten. Jetzt konnten sie sich nicht mehr erinnern, was gestern oder vor einer Woche geschehen war; aber jenes vierzig Jahre alte Unrecht wußten sie noch und gingen die alte Rechnung durch, mit Gift und Galle aufeinander. Da war ein alter Bruder, dem plötzlich in den Sinn kam, ein anderer Bruder habe ihn vor fünfundvierzig Jahren geschäftlich übers Ohr gehauen; es wäre ihm vielleicht lieber gewesen, die Sache aus dem Sinn zu bekommen, aber sie saß da fest wie ein tiefeingedrungener eiternder Splitter. Ein grauhaariger, ehrbarer Schiffer in der Gemeinde und eine runzlige, gottesfiirchtige Witwe hatten in ihren jungen Tagen, als sie mit einem anderen verheiratet war, ein Verhältnis miteinander gehabt. Neuerdings nun hatten sie angefangen, sich Skrupel zu machen; sie schoben die Last der Schuld einander zu und sorgten sich um die möglichen schrecklichen Folgen, die eine Ewigkeit lang andauern würden und von einem Menschen verursacht wären, der doch behauptet hatte, er habe einen lieb. Bei den Zusammenkünften im gelben Haus erbleichten sie voreinander und vermieden es, sich ins Auge zu sehen.  - Tania Blixen, Schicksalsanekdoten. Reinbek bei Hamburg 1988 (zuerst 1958)

Gemeinde (3)   Eine Gruppe hatte sich gebildet, rechts und links meines Kopfs sah ich den Unterleib von drei, vier Männern, die sich an meinem Mund zu schaffen machten, dazwischen konnte ich bei den Männern im äußeren Kreis deutlich die Spur der wichsenden Hände sehen, wie vor und zurück schnellende Federn. Dahinter sah ich noch Schatten von Zuschauern. Als sie mein Kleid hochschoben, hörte man einen Aufprall. Sie ließen mich liegen. Ich wartete eine Weile, dann ging ich zu ihnen, sie standen an der Hecke. Ein Austin Mini war gegen ein beleuchtetes Verkehrsschild in der Mitte der Straße gefahren, jemand sagte, eine junge Frau sei im Wagen. Ein kleiner Hund rannte wie verrückt herum. Das Schild und die Scheinwerfer des Wagens leuchteten gelb und weiß durcheinander. Bald waren dann wohl die Sirenen der Rettungswagen zu hören, denn ich ging zur Bank zurück. Als ob die ganze Szene zurückgeschnellt sei, bildete sich wieder der Kreis, und die Darsteller nahmen ihre Plätze ein wie vor der Unterbrechung. Ein paar Worte wurden gewechselt, der Unfall hatte plötzlich wieder eine, bis dahin stumme Verbindung zwischen den Menschen hergestellt, und ich war wieder in meiner kurzlebigen kleinen Gemeinde, die verschworen ihrer besonderen Tätigkeit nachging. - Catherine Millet, Das sexuelle Leben der Catherine M. München 2001

Gemeinde (4) Von unten her, aus der versammelten Schar in der Kyrch, ward ein Sausen vernehmbar, deuthlich und immer höher herauf! und endtete schlieszlicht auf einem Auge des Fraters Kapuzo. Es erhob sich ein Schrey und ein Getös, das geradeswegs aus dem Bauche des Fraters zu kommen schien. Dieser führte eine Handt auf das getroffene Äug, das alsogleych anschwoll alswie eine Kröthe, und bedeckte es mit dem rothschwartzen Tuche, nachdem er darauf gespucket. Die Spuck ist, wie mann weisz, ein wunderbar Medikamentum und würcket besser als Essig. Bevor er vom Altare herunterstieg, kehrte sich Frater Kapuzo den Gläubigen zu, die dabey waren, sich zu entfernen.

»Cancer vos accipiat alle mitsammen, ihr schlangengleych, wurmgleych, ihr saftärschticht Geschlecht! Extramaledictus sey der Hurensohn, qui lapis iacebat in oculum meum!« Am Endt stieg Frater Kapuzo die Altarstufen hernieder, zog die Kutte hinter sich her und fluchte zwischen den Zähnen herfür.

»Auctoritas ecclesiastica et auctoritas Belloculis cognoscere cognoscerebitis, ihr abgefacktes Dorfsgesindtel! Et pagare pagabitis den Zehnten für die Kyrch et congruas et ceteras obligationes pro Pfarreicia et pro Canonica, ihr elendichtes Gewürm!«  - Luigi Malerba, Pataffio. Berlin 1988

 

Kirche Pastor

 

  Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Verein
Synonyme