eliebter     Aimé (wörtl. »der Geliebte«) ist Oberkellner im Grand-Hotel in Balbec und eine der wichtigsten Figuren im Milieu der Kellner, Liftboys, Chauffeure, Boten, Zimmermädchen und Wäscherinnen, deren erotische Reize den Erzähler immer wieder beschäftigen. Er trägt eine konservative Geisteshaltung zur Schau, ist ehrbarer Familienvater und überzeugt von Dreyfus' Schuld. Geliebt aber wird er von diversen Figuren des Romans (Saint-Loup, Charlus und auch dem Erzähler) vor allem wegen seiner Bereitschaft, für Geld alles zu tun, insbesondere diskrete Spitzeldienste zu leisten. In Aimé zeigt sich einmal mehr, daß man das schätzt, was einem nützlich ist, daß Liebe immer mit Eigenliebe zusammenfällt: »er gehört jener Kategorie von Leuten aus dem Volke an, die, eifrig auf ihren eigenen Nutzen bedacht, denjenigen, denen sie dienen, treu ergeben sind, dabei gleichgültig gegen jede Art von Moral, und von denen wir (denn sie erweisen sich, wenn wir sie gut bezahlen, als unfähig zu Indiskretion, zum Nachlassen ihres Eifers und zu Unredlichkeiten sowie, im gleichen Maße, auch als skrupellos) daraufhin gern sagen: ›Das sind anständige Leute‹.« In »Die Entflohene« beauftragt der Erzähler Aimé damit, Beweise für Albertines Homosexualität zu sammeln; als dieser sie ihm verschafft, ist er jedoch keineswegs erlöst: Einerseits muß er aufgrund der prinzipiellen Käuflichkeit Aimés am Wahrheitswert der Enthüllungen zweifeln, andererseits werden Albertines Äußerungen, die Aimé ihm wörtlich hinterträgt, zu einer neuen Obsession. Den Satz »Es ist himmlisch mit dir«, den sie einer Wäscherin gesagt haben soll, muß er sich ständig wiederholen, er wird zum Symbol einer Lust, die er nie teilen und kontrollieren konnte.  - Ulrike Sprenger, Proust-ABC. Leipzig 1997
 
 

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