eldwäsche Das
Kind sagte ungefähr folgendes: »Schön ist mein Geld. Und es fühlt sich so freundlich
an, mein Geld. Und es tut mir so gut, mein Geld, mein bares Geld. Es ist mein
erstes Geld. Und es ist mein selbstverdientes Geld. Ich habe mein Geld nicht
gefunden. Ich habe mein Geld nicht gestohlen. Und man hat mir mein Geld auch
nicht geschenkt. Man wollte mir für mein erstes Geld ein Konto eröffnen und
mir mein Geld darauf überweisen. Wäre mein Geld ein Geschenk gewesen, so hätte
ich sofort Ja gesagt. Aber weil ich mein Geld erarbeitet habe, mit Mathematik-,
Russisch- und Spanischstunden, mit Schneeschaufeln, Helfen bei der Kartoffelernte,
Kühehüten auf der Weide, Stallausmisten, wollte ich mein Geld auch sehen, jeden
Schein und jede kleinste Münze. Und ich bestand darauf, daß mein Bargeld mir
jedesmal persönlich gegeben wurde, auf der Stelle, gleich nach dem Ausführen
meiner Arbeiten, ohne Umweg über jemand anderen. Wenn ich andere sah, wie sie
mit ihren Geldbündeln und -koffern an den Bankschalter kamen, um die Scheine
loszuwerden für irgendeine Kontogutschrift, hieß das in meinen Augen, daß ihr
Geld nicht selbsterarbeitetes, sondern schmutziges Geld war. Sie, und sie alle,
dachte ich, brachten ein Geld auf die Bank, das entweder gefunden oder geraubt
oder erpreßt - jedenfalls nicht ihres war, und sie wechselten es um in bloße
Zahlen, um es so, zahlenweise, zu waschen. Mein Geld aber, auch wenn es nach
außenhin vielleicht angeschmutzt ausgeschaut hat, war reines Geld. Und selbst
wenn ein Schein etwa in der Hand seines vorigen Inhabers wirklichwahr ein schmutziges
gewesen war, so wurde er, als mein Geldschein, im Hand-Umdrehen reingewaschen,
und es ging dabei, anders als auf der Bank, mit rechten Dingen zu. Wenn ich
mein Geld umtausche, so höchstens Münzen m Scheine. Ich weiß zwar, daß du zu
den paar wenigen gehörst, die kein Geld mehr anrühren, weder in Form von Münzen
und Scheinen; die nicht einmal mehr Kreditkarten bei sich haben; und deren Fingerabdrücke
überall auf der Welt genügen zum Bezahlen. Aber wie schön ist mein Geld. Und
du tust mir so gut, mein Geld, mein bares Geld.« - Peter Handke, Der Bildverlust. Frankfurt am Main 2002
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