Geizhals   Er war ein spindeldürrer Weltpriester, bloß an den Hüften breit, der Kopf war klein und sein Haar rot. Mehr braucht man dem nicht zu sagen, der das Sprichwort kennt: »Weder Katze noch Hund von dieser Farbe.« Seine Augen hatten ihren Wohnsitz tief im Hinterkopf aufgeschlagen, so daß es schien, als schauten sie aus Traubenbütten heraus, und sie lagen so tief und düster, daß es der geeignete Ort für Kaufmannsbuden gewesen wäre. Die Nase war ein Mittelding zwischen einer römischen Stumpfnase und französischer Krankheit, denn die Eiterbeule eines Schnupfens hatte sie angefressen, die aber nicht etwa von Ausschweifungen herrührte, denn diese hätten ja Geld gekostet. Der Bart war aus Furcht vor dem nahen Munde erblichen, der drohte, ihn aus lauter Hunger aufzufressen. Von den Zähnen fehlten ihm, ich weiß nicht wie viele, und ich glaube, er hatte sie als Tagediebe und Müßiggänger vertrieben. Die Kehle war so lang wie .beim Vogel Strauße, mit einem Adamsapfel, von dem es schien, als gehe er, von Not gedrängt, darauf aus, Nahrung zu suchen. Die Arme waren vom Ellenbogen an dürr, und jede Hand glich einem Bündel Weinreben. Betrachtete man ihn nach unten, so ähnelte er einer Gabel oder einem Zirkel mit zwei langen dünnen Schenkeln; sein Gang war sehr langsam, und wenn er ein wenig in Bewegung geriet, dann klapperten ihm die Knochen wie eine Sankt-Lazarus-Klapper. Die Sprache klang schwindsüchtig, und der Bart war lang, denn er ließ ihn sich nie scheren, um nichts dafür ausgeben zu müssen; er sagte aber, der Ekel, den es ihm errege, die Hände eines Barbiers an seinem Gesicht zu spüren, sei so groß, daß er sich lieber töten wolle, als dergleichen geschehen zu lassen. Die Haare schnitt ihm einer von uns Knaben. An sonnigen Tagen trug er eine von Mäusen zernagte Mütze mit tausend Löchern und Schmutzverbrämungen. Sein Rock war, wie einige sagten, ein wahres Wunderwerk; denn niemand konnte seine Farbe genau bestimmen. Einige glaubten, da er ihnen völlig glatt erschien, er sei eine Froschhaut, andre meinten, er sei ein Blendwerk. In der Nähe sah er schwarz aus, und von weitem schimmerte er bläulich; er trug ihn ohne Gürtel, auch hatte er weder Kragen noch Manschetten. Mit seinen langen Haaren und dem Rock sah er wie ein Handlanger des Todes aus. Jeder seiner Schuhe hätte ein Philistergrab abgeben können. Und nun gar seine Stube - nicht einmal Spinnen waren darin zu finden! Er beschwor die Mäuse aus Furcht, sie möchten ihm einige Stückchen Brot anknabbern, die er aufbewahrte. Das Bett befand sich auf dem Fußboden, und er schlief darin immer nur auf einer Seite, um die Bettücher nicht zu verschleißen.  - Francisco de Quevedo, Das Leben des Buscón. In: Spanische Schelmenromane, Hg. Horst Baader. München 1965

Geiz

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Geizkragen