eistererscheinung  Daß die Chinesen von der Erscheinung eines Verstorbenen und den von ihm ausgehenden Mittheilungen ganz die selbe Vorstellung haben, wie wir, ist ersichtlich aus der, wenn auch dort nur fingirten Geistererscheinung in der Chinesischen Novelle Hing-Lo-Tu, ou la peinture mystérieuse, übersetzt von Stanislas Julien, und mitgetheilt in dessen Orphelin de la Chine, accompagné de Nouvelles et de poésies, 1834. - Ebenfalls mache ich in dieser Hinsicht darauf aufmerksam, daß die meisten der die Charakteristik des Geisterspuks ausmachenden Phänomene, wie sie in den oben angeführten Schriften von Hennings, Wenzel, Teller u. s. w., sodann später von Just. Kerner, Horst und vielen andern beschrieben werden, sich schon ganz eben so finden in sehr alten Büchern, z. B. in dreien, mir eben vorliegenden, aus dem 16. Jahrhundert, nämlich Lavater de spectris, Thyraeus de locis infestis, und de spectris et apparitionibus Libri duo, Eisleben 1597, anonym, 500 Seiten in 4.: dergleichen Phänomene sind z. B. das Klopfen, das scheinbare Versuchen verschlossene Thüren zu forciren, auch solche, die gar nicht verschlossen sind, der Knall eines sehr schweren, im Hause herabfallenden Gewichtes, das lärmende Umherwerfen alles Geräthes in der Küche, oder des Holzes auf dem Boden, welches nachher sich in völliger Ruhe und Ordnung vorfindet, das Zuschlagen von Weinfässern, das deutliche Vernageln eines Sarges, wann ein Hausgenosse sterben wird, die schlürfenden, oder tappenden Tritte im finstern Zimmer, das Zupfen an der Bettdecke, der Modergeruch, das Verlangen erscheinender Geister nach Gebet, u. dgl. m., während nicht zu vermuthen steht, daß die, meistens sehr illitteraten [ungebildeten] Urheber der modernen Aussagen jene alten, seltenen, lateinischen Schriften gelesen hätten. Unter den Argumenten für die Wirklichkeit der Geistererscheinungen verdient auch der Ton des Unglaubens, in welchem die gelehrten Erzähler aus zweiter Hand sie vortragen, erwähnt zu werden; weil er, in der Regel, das Gepräge des Zwangs, der Affektation und Heuchelei so deutlich trägt, daß der dahinter steckende heimliche Glaube durchschimmert. - Bei dieser Gelegenheit will ich auf eine Geistergeschichte neuester Zeit aufmerksam machen, welche verdient, genauer untersucht und besser gekannt zu werden, als durch die aus sehr schlechter Feder geflossene Darstellung derselben in den Blättern aus Prevorst, 8. Sammlung S. 166; nämlich theils weil die Aussagen darüber gerichtlich protokollirt sind, und theils wegen des höchst merkwürdigen Umstandes, daß der erscheinende Geist, mehrere Nächte hindurch, von der Person, zu der er in Beziehung stand, und vor deren Bette er sich zeigte, nicht gesehn wurde, weil sie schlief, sondern bloß von zwei Mitgefangenen und erst späterhin auch von ihr selbst, die aber dann so sehr dadurch erschüttert wurde, daß sie, aus freien Stücken, sieben Vergiftungen eingestand.  - Schopenhauer, Versuch über Geistersehen, in (schop)

Geistererscheinung (2)  Du hörtest wohl auch von Geistererscheinungen sprechen. Den Ärzten heißen es Phantasmen, Halluzinationen. Sie sind es auch für die Lebenden, doch zugleich wirkliche Erscheinungen der Toten, die wir so nennen. Denn wenn schon die schwächeren Erinnerungsgestalten in uns es sind, wie sollten es die so viel stärkeren entsprechenden Erscheinungen nicht sein. Warum also noch streiten, ob sie das eine oder andere sind, wenn sie zugleich das eine und das andere sind. Und warum dich künftig noch vor Geistererscheinungen fürchten, wenn du dich vor den Erinnerungsgestalten in dir, die es schon sind, nicht fürchtest.

Doch ganz fehlt nicht der Grund dazu. Ungleich den von dir selbst gerufenen, oder in den Zusammenhang deines inneren Lebens von selbst leise und friedlich eintretenden, hilfreich daran mit fortspinnenden, Gestalten, kommen sie ungerufen, überkommen dich mit nicht abwehrbarer Stärke, scheinbar vor dich, wirklich in dich tretend, am Gewebe deines inneren Lebens vielmehr zausend als fortspinnend. Ein krankhaft Wesen zugleich des Diesseits und des Jenseits. So sollen Tote mit Lebenden nicht verkehren. Es ist schon halber Tod des Lebenden, die Toten annährend so deutlich, so objektiv zu schauen, wie sie sich untereinander schauen mögen; darum das Grausen der Lebendigen vor solcher Erscheinung der Toten; es ist zugleich ein halbes Zurückversinken der Toten aus dem Reich über dem Tode in das Reich unter dem Tode; daher die Sage - und ob nicht mehr als Sage? - daß nur Geister umgehen, die nicht ganz erlöst sind, die noch mit einer schweren Kette an dem Diesseits hängen.   - Gustav Theodor Fechner, Das Büchlein vom Leben nach dem Tode. In: G. T. F., Das unendliche Leben. München 1984 (zuerst 1848)

Geister Erscheinung
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