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Geigenunterricht (2) Wie
Eisenspäne lösten sich die Töne von meiner Geige. Sie schnitten mir
selbst ins Herz, doch mein Vater blieb fest. Zu Hause war nur noch von
Mischa Elmann die Rede, den der Zar persönlich vom Militärdienst
freigestellt habe. Zimbalist sei, erzählte mein Vater, dem englischen
König vorgestellt worden und habe im Buckingharnpalast gespielt;
Gabrilowitschs Eltern hätten sich in Petersburg zwei Häuser gekauft. Die
Wunderkinder brachten ihren Eltern Reichtum. Mein Vater hätte sich mit der Armut abgefunden, aber er brauchte Ruhm.
»Ausgeschlossen«, redeten ihm die Leute nach dem Munde, die für sein
Geld zu Mittag aßen, »ausgeschlossen, daß der Enkel eines solchen
Großvaters . . .«
Mich aber beschäftigten ganz andere Dinge. Wenn ich die Geigenetüden spielte, hatte ich auf dem Notenpult ein Buch von Turgenjew oder Dumas
stehen, und während ich auf den Saiten herumkratzte, verschlang ich
eine Seite nach der anderen. Tagsüber erzählte ich den Jungen aus der
Nachbarschaft phantastische Geschichten, und in der Nacht brachte ich
sie zu Papier. Das Schriftstellern war eine erbliehe Beschäftigung in
unserer Famihe. Levi Jizchok, der nun schon im wunderhchen Greisenalter
stand, hatte sein Leben lang an einem Roman geschrieben. Er hieß »Der
Mann ohne Kopf«. Ich war ihm nachgeraten. - (
babel
)
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