Gehilfin  Hier sah er betriebsame und listige Bethengste, die mit scheinheiliger Miene Uneigennützigkeit, Demut und Andachts-Eifer zur Schau trugen, und unter dieser frommen Außenseite unersättliche Habsucht und Ehrgeiz zu verbergen wußten. Anderswo erblickte er in einem Arzte den hochmütigsten und stupidesten Minister, der geizig in seinem Hause und verschwenderisch außer demselben war, und die Miene eines Denkers hatte, ohne zwei Ideen zusammenreihen zu können. Dies sind also, rief er aus, die Günstlinge des Glücks! Laßt uns ihr Beispiel nachahmen, und sehen, ob das Glück, nach einer Begünstigung soviel alberner Leute, einem Mann, wie Cagliostro, verachten kann. Den ersten Schritt auf dem Wege zum Glück tat er dadurch, daß er sich einen Titel gab. Er wußte von einem Bauern, welcher ein Fürst geworden war, folglich tat er nicht zuviel, wenn er sich den Titel eines Grafen beilegte. In dem aus polizeilichen Ursachen der öffentlichen Unzucht geweihten Viertel von Venedig suchte er sich eine Gehülfin seiner Unternehmungen. Er fand da eine genuesische Marquisin, welche mehr durch unerhörte Unglücksfälle, als durch Hang zur Wollust genötigt war, eine Priesterin  der Venus Vulgivaga zu  sein.  Sie hatte einen schlanken Wuchs, ein feuriges Auge, einen prüfungsfähigen Busen, einen reinen Odem, und einen leichtschwebenden Gang. Ihr moralischer Charakter stimmte mit dem physischen überein, sie hatte eine freche Zunge, sie war gründlich in ihren Spekulationen, und unter dem Schein des Leichtsinns war sie berechnend und habsüchtig, aller moralischen Grundsätze völlig unfähig, mit einem Worte, ein herrliches Geschöpf zu Verführung, Betrug, Prahlen von Tugend, Ausübung des Lasters, und sehr geschickt, den großen Haufen zu verblenden.

Es war langer und genauer Umgang mit diesem Frauenzimmer nötig, bis der Graf sie in ihrem wahren Lichte zu sehen bekam, und als er endlich glaubte, sich ihr vertrauen zu dürfen, erhöhte er ihre Einbildungskraft mit einer Menge von Lügen, die sie ihm hundertfach zu erwidern wußte, und nachdem beide einander genugsam belogen hatten, schwuren sie sich ewige Treue.  - Echte Nachrichten von dem Grafen Cagliostro. Aus der Handschrift seines entflohenen Kammerdieners. Nach: Cagliostro. Dokumente zu Aufklärung und Okkultismus. Hg. Klaus H. Kiefer. München, Leipzig und Weimar 1991  (Bibliothek des 18.Jahrhunderts)

 

Gehilfe

 

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