eheimnis   Dr. H. Schmidt-Schmiedebach, Datenbanken im Dienste der Gesetzgebung, der Rechtsprechung und der Verwaltung: Dem Computer wird nachgesagt, er sei von Geheimnis umwittert, aber noch viel geheimnisvoller ist das Amtsgeheimnis. - (net)

Geheimnis (2) Ein arabisches Manuskript aus dem 9. Jahrhundert n. Chr., das angeblich einen Text des in Rom lebenden griechischen Arztes Galen wiedergibt, enthält ein Kapitel »Uber die Geheimnisse der Frau« und eines »Über die Geheimnisse des Mannes«, in denen sich Erstaunliches findet. Zum Beispiel werden die Inhaltsstoffe eines Mittels aufgelistet, das »Frauen in solche Erregung versetzt, daß sie Heim und Herd verlassen, auf der Suche nach sexueller Befriedigung umherziehen und sich den Männern an den Hals werfen«. Es besteht aus: »gealtertem Olivenöl, Orchideen, den Samen der Gartenkarotte, Samen von Steckrüben, der Asche von Oleanderblättern, pulverisiertem und verbranntem Tropaelum (einer Kresseart), getrocknetem Alaun, den Exkrementen der Elster, pulverisierten Weidenblättern und feinem Dattelmark«. Diese Zutaten wurden zusammen mit Kokosmilch zerkleinert, getrocknet und zu Pillen gedreht. Zur Einnahme wurden sie wieder zerstampft und in Hagebuttensirup aufgelöst. Das Rezept endet mit dem Hinweis, daß sich der gewünschte Effekt natürlich nur dann einstellen wird, wenn Gott es so will. - (erf)

Geheimnis (3) Der höchsten und größten Geheimnisse sind sieben.

1. Alle Krankheiten kurieren und heilen können, innerhalb sieben Tagen, entweder durch Charaktere oder natürliche Mittel, oder durch die oberen Geister, mit der Hilfe Gottes.
2. Leben, so lange es einem gefällt, das Leben auf ein jedes Alter verlängern können, nämlich das natürliche körperliche Leben. Dieses Geheimnis haben die ersten Eltern gehabt.
3. Die Kreaturen, die in Gestalt persönlicher Geister in den Elementen wohnen, zu seinem Dienst haben; desgleichen die Zwerge, Nymphen, Dryaden und Waldmännlein.
4. Mit den Intelligenzen aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge reden können, und von einem jeden Ding hören, wozu es verordnet und was es nützt.
5. Sich selbst regieren können, zu dem Ende und Ziel, das einem von Gott vorgesetzt und verordnet ist.
6. Gott, Christum und den heiligen Geist erkennen, das ist die Vollkommenheit des Mikrokosmos.
7. Wieder geboren und verwandelt werden wie Enoch. Diese sieben Geheimnisse kann der Mensch ohne Beleidigung Gottes von den Geistern Gottes erlernen, wenn er ein ehrbares und standhaftes Gemüt hat.

Der mittleren Geheimnisse sind auch sieben.

1. Die Verwandlung der Metalle, oder die Alchemie, welche Kunst an sich selbst zuverlässig und wahr ist; sie wird aber sehr wenigen verliehen, und nicht ohne besondere Gnade und Barmherzigkeit Gottes, denn es liegt nicht an jemandes Wollen oder Trachten, sondern an Gottes Erbarmen.
2. Die Heilung der Krankheiten durch metallische Arznei, Edelsteine, den Stein der Weisen und Ähnliches.
3. Astronomische und mathematische Wunder zu verrichten, wie mit etlichen Wasserkünsten; ferner, nach des Himmels Influenz alle Sachen und Geschäfte zu ordnen und was dergleichen mehr ist.
4. Allerlei Wirkungen aus der natürlichen Magie zu vollbringen.
5. Zukünftige Dinge natürlicher Weise vorherzusagen.
6. Alle Künste, wozu Handarbeit gehört, gründlich zu erlernen.
7. Alle Künste, die durch die engelhafte oder geistige Natur des Menschen ausgeübt werden, gründlich kennen zu lernen.

Die sieben geringeren Geheimnisse sind diese:

1. Reich zu werden und viel Geld und Gut zu bekommen.
2. Von einem geringen Stande zu hohen Ehren zu gelangen, und sich und die Seinigen hoch empor zu bringen und große Taten zu verrichten.
3. In Kriegssachen sich auszuzeichnen, große Dinge glücklich auszuführen und in allem der Erste zu sein.
4. Auf dem Lande und in der Stadt ein guter Haushalter zu sein.
5. Ein kluger und geschickter Handelsmann zu sein.
6. Ein guter Philosoph, Mathematiker und Arzt zu sein, der seinen Aristoteles, Plato, Euklid, Hippokrates, Galen etc. wohl versteht.
7. Ein guter Theologe zu sein, der die Bibel gehörig gelesen, ein Scholastiker, der alle alten und neuen Skribenten in der Theologie kennengelernt hat.  - Agrippa von Nettesheim, nach Christoph Hein, Nachwort zu (zauber)

Geheimnis (4) Als ich sechzehn Jahre alt wurde, begann mein Vater, uns in die Geheimnisse der Kabbala Sefiroth einzuweihen. Zuerst gab er uns das Sefer Sohar, das Buch des Glanzes, in die Hand, das so genannt wird, weil man gar nichts daraus begreift, sosehr blendet der Glanz, der von ihm ausgeht, die Augen des Begriffsvermögens. Darauf studierten wir die Sifra Dizniutha, das Buch des Geheimnisses; in ihm kann der klarste Abschnitt noch als Rätsel gelten. Schließlich kamen wir an die Idra rabba und die Idra suta, das heißt an den großen und den kleinen Sanhedrin. Das sind Dialoge, in denen Rabbi Simon Ben Jochai, Verfasser der beiden anderen Werke, sich zum Stil des Gesprächs herabläßt, scheinbar seine Freunde die einfachsten Dinge lehrt, ihnen in Wahrheit aber die erstaunlichsten Geheimnisse offenbart, oder, richtiger: alle diese Offenbarungen kommen auf uns unmittelbar vom Propheten Elias, der heimlich den Himmel verlassen hatte und unter dem angenommenen Namen des Rabbi Abba an der Gesprächsrunde teilnahm.   - (sar)

Geheimnis (5) ASTAROTH: Die Liebe, diese Ferkelei! Ich zernage sie mit Ekel, mit Gefahren und Zweifeln . . . Kreck, kreck, ich zernage den Zauber, ich durchhöhle die Begierde . . .

BELIAL : Ich aber, ich verseuche sie und ich stachle sie auf. Du machst sie erbärmlich, ich mache sie rasend . . . Ich vergifte sie. Sie zerfleischt sich, zerfrißt sich, sie tötet. . .

GUNGUN : Was versteht ihr beiden schon davon ? . . . Nichts, gar nichts . . . Ihr versteht von der Liebe noch weniger als diese lebendigen Idioten, die sie erleben . . . Ich aber, ich weiß Bescheid . . .

ASTAROTH: Was weißt du denn, du Doppelstecker?

GUNGUN : Was man weiß, wenn man mogelt. Ich schaue beiden Spielern in die Karten. Inkubus, Suckubus, Unterschlenz und Aufhocker, ich kenne die Liebe durch und durch. Vernimm mein Lied: Ich bin Mann oder Weib, ich handle oder erleide; ich gebe oder empfange, bald liege ich oben, bald liege ich unten beim Spiel der Verliebten, ganz wie mirs gefällt . . . Jetzt bin ich der Liebende, jetzt die Geliebte, und wechselweis rasch ein Verräter an beiden. Ich kenne den Unterschied ihrer Sinne, kein anderer liest so wie ich in den Herzen des doppelköpfigen Untiers, in dem, die einander umschlingen, sich zärtlich verkennen... Wenn der Schlaf sie umfängt, bin ich allmächtig in ihnen. Wenn ihr Wesen dem Glück des Schlummers sich überläßt, erlischt die Vernunft, die Tugenden verdunsten und das Fleisch überliefert die Seele meinen Zauberkräften.

Dann wecke ich ein Sehnen in dem Schlafenden auf, das sich in süßeste Qualen verkehrt. Er keucht, er seufzt, die Lippen suchen stammelnd nach anderen Lippen . . . Dann flüstere ich ihm im tiefsten Innern einige Formeln der Verdammnis zu, senke Todeskeime in seinen Geist. . . Denn alle Liebe birgt reifendes Unheil, und die sanftesten Bande werden zu Schlangenknoten. . . Jedes Geschlecht fürchtet das andere und legt ein Geheimnis hinein . . . Ha! Ha . . . Ha! Lacht. Ein Geheimnis! - Paul Valéry, Mein Faust. München 1963 (dtv sr 16, zuerst ca. 1940)

Geheimnis (6) «Es läßt sich nicht lesen» - so ist einmal treffend von einem gewissen deutschen Buche gesagt worden. So manche Geheimnisse gibt es, die lassen sich einfach nicht aussprechen. Da sterben Menschen nächtlich in ihren Betten; sie klammern sich an die Hände geisterhafter Beichtiger, sie blicken ihnen jammerbang ins Auge - und sterben doch verzweiflungsvollen Herzens und mit verkrampfter Kehle ob der Gräßlichkeit all der Mysterien, die sich nun nicht und nicht enthüllen lassen wollen. Ach, manchmal nimmt das menschliche Gewissen so grauenschwere Bürde auf, daß sie am Ende nur ins Grab kann wieder abgeworfen werden. Im eigentlichen Sinne bleibt denn auch ein jegliches Verbrechen ohne Klärung. - E.A. Poe, Der Massenmensch, in: (poe)

Geheimnis (7)  Seltsam sagt er, wie sehr die Tatsache, das in Bewegung zu setzen was man Verstandeskraft nennt, einen alles andere als Verständiges entdecken läßt. Wenn die Gefühle zum Beispiel sich entfalten, hängt das von den Anstrengungen des Gehirns ab?

Kleines Paradox das ihn erfreut doch das er nicht weiter entwickelt, er behält es für sich in Reserve, damit er den Eindruck hat ein Geheimnis zu besitzen, obwohl er ahnt daß jeder es kennt. - (rp)

Geheimnis (8)  Die großen Geheimnisse der Natur verbergen sich im Unscheinbaren, Unästhetischen, im Schlamm, in der faulenden Infusion, im Mist. Es ist wie eine Mahnung, daran zu denken, was wir eigentlich sind. - Raoul Heinrich Francé, Das Leben der Pflanze, Band 3, 1908

Geheimnis (9)  Ein Mann — weiß der Wind, woher er gekommen ist -zieht eines Sommers in einem kleinen Haus am Ufer der Oise ein. Sehr bald nimmt er die Gewohnheit an, zum Fährmann zu gehen, um mit den zwei Mädchen zu scherzen, die den Kunden Bier und Limonade servieren. Sie werden von ihm nie etwas anderes als diesen Vornamen, Paul, erfahren, den er ihnen schließlich kampfesmüde preisgegeben hat. Die eine glaubt, daß er sich vor der Polizei versteckt, die andere, daß er vor einer Liebe flieht.    - (lib)

Geheimnis (10)  Erinnerungen an das Geheimnis. —- Das Geheimnis hat zur Wahrnehmung und zum Unwahrnehmbaren ein ganz besonderes, wenn auch veränderliches Verhältnis. Das Geheimnis betrifft zunächst bestimmte Inhalte. Entweder ist der Inhalt für seine Form zu groß... oder aber die Inhalte haben selbst eine Form, doch wird diese Form durch einen einfachen Behälter, eine Hülle oder Schachtel verdeckt, verstärkt oder ersetzt, die die formalen Beziehungen verbergen sollen. Es sind Inhalte, die man aus verschiedenen Gründen ausklammern oder verbergen will. Es hat nur wenig Sinn, eine Liste dieser Gründe (Scham, geheimes Wissen anhäufen, Göttlichkeit) aufzustellen, solange man das Geheimnis und seine Entdeckung einander wie in einer binären Maschine gegenüberstellt, in der es nur zwei Terme gibt, Geheimhaltung und Verbreitung, Geheimnis und Profanierung. Dehn einerseits wird ein Geheimnis als Inhalt von der Wahrnehmung des Geheimnisses übertroffen, die ebenso geheim wie das Geheimnis selber ist. Die Ziele spielen dabei keine Rolle, egal, ob es nun um eine Denunziation, eine allgemeine Veröffentlichung oder eine Enthüllung geht. Unter anekdotischem Gesichtspunkt ist die Wahrnehmung das Gegenteil eines Geheimnisses, aber unter begrifflichem Gesichtspunkt ist sie ein Teil davon. Was zählt ist, daß die Wahrnehmung des Geheimnisses selber nur geheim sein kann: Spione, Voyeure, Erpresser und Schreiber von anonymen Briefen gehen ebenso geheim vor wie das, was sie — egal warum — enthüllen wollen. Es gibt immer eine Frau, ein Kind oder einen Vogel, die das Geheime insgeheim entdecken. Es gibt immer eine Wahrnehmung, die feiner als die eure ist, eine Wahrnehmung eures Unwahrnehmbaren, eine Wahrnehmung dessen, was in eurer Schachtel ist. Für jene, die die Aufgabe haben, das Geheimnis wahrzunehmen, gibt es sogar ein Berufsgeheimnis. Und der Hüter des Geheimnisses ist nicht unbedingt eingeweiht, sondern ist seinerseits auf eine Wahrnehmung angewiesen, denn er muß jene wahrnehmen und aufspüren, die das Geheimnis entdecken wollen (Gegenspionage). In einer ersten Richtung läuft das Geheimnis auf eine ebenso geheime Wahrnehmung hinaus, eine Wahrnehmung, die ihrerseits unwahrnehmbar zu bleiben versucht. - Deleuze, Guattari: 1000 Plateaus. Berlin 1992 (zuerst 1980)

Geheimnis (11)  Dem Zufall zur Seite steht sein Bruder, das Geheimnis. Der Atheismus, jedenfalls der meine, bringt einen zwangsläufig dahin, das Unerklärbare zu akzeptieren. Das ganze Universum ist Geheimnis.

Da die Annahme .einer organisierenden Gottheit, deren Wirken mir noch geheimnisvoller schiene als das Geheimnis, für mich nicht in Frage kommt, muß ich wohl in einer gewissen Finsternis leben. Die akzeptiere Ich. Keine Erklärung, nicht einmal die einfachste, gilt für alle. Von zwei Geheimnissen habe ich meins gewählt, weil es mir zumindest meine moralische Freiheit läßt.

Man gibt mir zu bedenken: Und die Wissenschaft? Versucht sie nicht auf anderen Wegen, das Geheimnis, das uns umgibt, zu reduzieren?

Vielleicht. Aber die Wissenschaft interessiert mich nicht. Sie kommt mir anmaßend vor, analytisch und oberflächlich. Sie ignoriert den Traum, den Zufall, das Lachen, das Gefühl und den Widerspruch, all die Dinge, die mir teuer sind. In der Milchstraße sagt eine Figur: „Mein Haß auf die Wissenschaft und meine Verachtung der Technik werden mich schließlich noch zu diesem absurden Glauben an Gott bringen." Daraus wird nichts. In meinem Fall ist es sogar völlig unmöglich. Ich habe mich für meinen Platz entschieden, er ist im Geheimnis. Ich muß es respektieren.

Mit der Manie, alles verstehen zu wollen und damit herabzuwürdigen, mittelmäßig zu machen — mein Leben lang hat man mich mit blöden Fragen belästigt: warum dies? warum das? —, sind wir von der Natur geschlagen. Wären wir in der Lage, unser Geschick dem Zufall anzuvertrauen und das Geheimnis unseres Lebens mutig anzunehmen, wären wir einem bestimmten Glück nahe, das der Unschuld ähnelt.  -  Luis Buñuel, Mein letzter Seufzer. Berlin, Wien, Frankfurt am Main 1985

Geheimnis (12)  Der Schiedsspruch eines Gottes verheißt einem Stamm die Ewigkeit, wenn seine Angehörigen von Geschlecht zu Geschlecht einen Ritus vollziehen. Ich habe die Berichte von Reisenden durchforscht, habe mich mit Patriarchen und Theologen unterhalten; ich kann glaubwürdig versichern, daß die Vollziehung des Ritus die einzige religiöse Praxis ist, der die Sektierer nachgehen. Der Ritus ist das Geheimnis. Dieses wird, wie ich bereits andeutete, von Geschlecht zu Geschlecht weitergegeben, aber der Brauch will nicht, daß es die Mütter ihren Kindern beibringen, auch nicht die Priester; die Einweihung in das Mysterium ist Aufgabe der niedrigsten Individuen. Ein Sklave, ein Aussätziger oder ein Bettler sind die Mystagogen. Auch kann ein Halbwüchsiger einen anderen Halbwüchsigen unterweisen. Der Akt an sich ist ganz gewöhnlich, geschieht im Nu und bedarf keiner Beschreibung. An Materialien werden Kork, Wachs oder Gummi arabicum verwendet. (In der Liturgie ist von Lehm die Rede; auch er wird benutzt.) Es gibt keine der Abhaltung dieses Kults eigens gewidmeten Tempel, sondern man sieht eine Ruine, einen Keller oder einen Hausflur als geeignete Örtlichkeiten an. Das Geheimnis ist heilig, entbehrt aber gleichwohl nicht einer gewissen Lächerlichkeit; seine Ausübung ist flüchtig, ja verstohlen, und die Adepten sprechen nicht von ihm. Es gibt keine schicklichen Worte, es zu benennen, aber es versteht sich, daß alle Worte es benennen oder - besser gesagt - unvermeidlich darauf anspielen, und so habe ich im Gespräch mit Adepten irgend etwas gesagt, woraufhin sie lächelten oder unbehaglich hin und her rückten, weil sie spürten, daß ich an das Geheimnis gerührt hatte. In den germanischen Literaturen gibt es von Sektierern verfaßte Gedichte, deren nominelles Thema das Meer oder die Abenddämmerung ist; es sind, wie mir immer wieder gesagt wird, irgendwie Symbole des Geheimnisses. Orbis terrarum est speculum Ludi, lautet ein apokryphes Sprichwort, das Du Cange in seinem Glossar verzeichnete. Eine Art heiligen Schauders verbietet einigen Gläubigen den Vollzug des sehr einfachen Ritus; die anderen verachten sie, doch verachten sie selbst sich noch mehr. Dagegen stehen jene in hohem Ansehen, die aus freien Stücken auf den Brauch verzichten und mit der Gottheit unmittelbaren Verkehr erreichen; um diesen Verkehr kundzutun, bedienen sie sich liturgischer Formen, und darum schrieb John of the Rood:

Kund tu ich den Neun Himmelskreisen, daß der Gott
köstlich ist wie der Kork und der Schlamm.

- Jorge Luis Borges, Die Phönix-Sekte. In (bo3)

Geheimnis (13)  «Wer kann sich schmeicheln, jemals verstanden zu werden? Wir sterben alle, ohne erkannt zu sein.» Dieses Wort, das Balzac einmal wie beiläufig ausspricht, kann ein Wegweiser für alle diejenigen sein, die in den Mittelpunkt seines Werks und seiner Seele eindringen wollen. Balzac fühlte in sich etwas, was keiner verstand und keiner erkannte. Aller Ruhm und alle Liebe, die ihm zuteil wurden, konnten daran nichts ändern. In ihm war ein Geheimnis, das er mit sich ins Grab nehmen würde. «Die modernen Mythen werden noch weniger verstanden als die alten Mythen», sagt er anderswo von seinem Werk. Auch diese Worte, obwohl sie sich nicht auf die tiefste Schicht seines Wesens beziehen, kommen aus dem gleichen Bewußtsein des Geheimnisses.

In seinen Briefen finden wir es wieder. Auf der Schwelle zwischen Jugend und Mannesalter - 1828 - bekennt er: «Ich bin alt an Leiden, und Sie würden nach meinem frohen Gesicht mein Alter nie erraten haben. Ich habe nicht etwa Schicksalsschläge zu erdulden gehabt, sondern ich bin immer von einer furchtbaren Last niedergebeugt gewesen. Das kann Ihnen als Übertreibung erscheinen, als eine Art, Ihr Interesse auf mich zu ziehen; nein, denn nichts kann Ihnen einen Begriff von meinem Leben bis zu zweiundzwanzig Jahren geben. Ich bin ganz erstaunt, daß ich jetzt nur noch mit dem Schicksal zu kämpfen habe. Wenn Sie meine ganze Umgebung befragten, würden Sie doch keinerlei Licht über die Natur meines Unglücks erhalten. Es gibt Leute, die sterben, ohne daß der Arzt hat sagen können, was für eine Krankheit sie hingerafft hat.»   - Ernst Robert Curtius, Balzac. Bern 1951

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