efälligkeit   Der Chevalier du Bran d'Enhaut hatte einem kleinen Anwalt am Provinzparlament der Normandie das Leben gerettet. Als die Terreur losbrach, empfahl ihn dieser Anwalt voller Dankbarkeit an einen Schuhflicker weiter, der ihn einem Kotschaufler empfahl, der ihn einem aus der Kutte gesprungenen Benediktiner empfahl, der ihn der Prophetin Cathérine Theot empfahl, die ihn Robespierre empfahl, der ihn enthaupten ließ. Eine Gefälligkeit geht nie verloren. - (bloy)

Gefälligkeit (2)  Eine alte Nervensäge sagt zu ihm oh nur eine kurze Beschreibung, da Sie doch behaupten Sie würden sich nichts mehr ausdenken, eine ganz kurze Beschreibung zur Veröffentlichung in unserer Zeitung, lieber Freund. Es wäre eine große Ehre für uns, wir müssen unsern Leserkreis erweitern, dürfen die geistigen Dinge nicht vernachlässigen, und Ihre früheren Sachen waren so hübsch geschrieben.

Er antwortet ich wüßte nicht was ich beschreiben könnte. Ich verlasse mein Zimmer, das mich anödet, nur um in meinen Garten zu gehen, in dem nichts wächst. Nein wirklich, ich wüßte nichts.

Sie wiederholt aber sicher aber sicher, etwas ganz Kurzes, irgend etwas, einen Stich, eine Tabaksdose, was weiß ich, dreißig Zeilen höchstens, es wäre so nett, ich bestehe darauf, Sie sind es unserm Blatt schuldig.

Um sich an der zudringlichen Person zu rächen nimmt  Monsieur Traum zu Hause ein Blatt Papier und beschreibt  in allen Einzelheiten seinen Nachttopf. Zunächst leer, dann voll. Zwei Absätze die er der lieben Redakteurin, schickt. Weder Empfangsbestätigung noch Veröffentlichung.  - (rp)

Gefälligkeit (3)  Da in Gießen keine Bordelle sind, und doch die Bursche daselbst den Stachel der Sinnlichkeit ebensogut fühlen wie an jedem anderen Ort, so ziehen die meisten nach Wetzlar, um das Vergnügen zu genießen, sich mit dem Auswurf des weiblichen Geschlechtes zu unterhalten. Freilich sind, außer der Geldzersplitterung, die übrigen Folgen oft sehr traurig, denn die Wetzlarschen Nymphen sind größtenteils französisch und begaben ihre Liebhaber mit einer Galanterie, die alle anderen Vergnügungen vergiftet, solange sie dauert. - F. C. Laukhards, vorzeiten Magister der Philosophie und jetzt Musketiers unter dem Thaddenschen Regiment zu Halle, Leben und Schicksale, von ihm selbst beschrieben und zur Warnung für Eltern und studierende Jünglinge herausgegeben. Fünf Teile, 1792–1802

Gefälligkeit (4)  Wie es so kommt, sind die Schildkröten große Bewunderer der Schnelligkeit. Das ist ganz natürlich. Die Esperanzen wissen es und kümmern sich nicht darum.

Die Famen wissen es und spotten darüber. Die Cronopien wissen es und ziehen jedesmal, wenn sie eine Schildkröte treffen, die Schachtel mit Farbkreide aus der Tasche und malen auf den runden Schild wie auf eine Tafel eine Schwalbe. - (cron)

Gefälligkeit (5)   «Diese dreckige Welt», sagte Latham, «man kann ihr ebenfalls nur mit Dreck und Gemeinheit kommen. Das ist das einzige, was die Leute verstehen - Gemeinheit. Wenn man einem Mann die Scheune niederbrennt - das versteht er. Seinen Hund vergiftet. Oder ihn selbst umbringt.» Ronnie sagte, Latham hätte «hundertprozentig recht» und fügte hinzu: «Letzten Endes tut man den Leuten doch bloß einen Gefallen, wenn man sie umbringt.»

Die ersten beiden Personen, denen sie diesen Gefallen tun sollten, waren zwei Frauen aus Georgia, respektable Hausfrauen, die das Unglück hatten, York und Latham zu begegnen, kurz nachdem das mörderische Paar aus dem Staket in Fort Hood ausgebrochen war, einen Lastwagen gestohlen hatte und damit nach Jacksonville, Florida, gefahren war, wo York wohnte. Schauplatz der Begegnung war eine Esso-Tank-stelle in den dunklen Stadtrandbezirken von Jacksonville; es war der Abend des 29. Mai 1961. Ursprünglich waren die beiden Ausbrecher nach Florida gefahren, um Yorks Familie zu besuchen; aber als sie dort ankamen, meinte York, es wäre vielleicht unklug, mit seinen Eltern zusammenzukommen, da sein Vater sich manchmal ziemlich aufregen konnte. Sie besprachen die Sache und beschlossen dann, nach New Orleans zu fahren, hielten aber vorher noch an der Esso-Tankstelle, um zu tanken. Neben ihnen stand ein anderer Wagen, der gerade aufgetankt wurde; in ihm saßen die beiden nicht mehr ganz jungen Frauen, die ihre Opfer werden sollten; sie waren zum Einkaufen und auch zum Vergnügen nach Jacksonville gefahren und wollten jetzt zu der kleinen Stadt an der Grenze zwischen Florida und Georgia zurückkehren, wo sie wohnten. Unglücklicherweise hatten sie sich verfahren. York, den sie nach dem Weg fragten, war sehr höflich zu ihnen: «Fahren Sie nur hinter uns her. Wir zeigen Ihnen den richtigen Weg.» Aber der Weg, zu dem er sie lotste, war in Wahrheit ganz der falsche: ein schmaler Seitenpfad, der sich in einem Sumpf verlor. Gleichwohl folgten ihnen die beiden Damen vertrauensvoll, bis der Wagen vor ihnen hielt und sie im Licht der Scheinwerfer sahen, wie die beiden hilfsbereiten jungen Leute auf sie zukamen, und sahen, aber zu spät, daß beide mit langen schwarzen Rindlederpeitschen bewaffnet waren. Die Peitschen waren das Eigentum eines Viehzüchters, des rechtmäßigen Besitzers des gestohlenen Lastwagens. Es war Lathams Idee gewesen, die Peitschen zum Erdrosseln der Frauen zu benutzen - was sie, nachdem sie die beiden ausgeraubt hatten, dann auch taten. In New Orleans kauften sich die Burschen eine Pistole und schnitten zwei Kerben in den Griff.

Im Laufe der darauffolgenden zehn Tage kam zunächst in Tullahoma, Tennessee, eine Kerbe hinzu, wo sie sich dadurch in den Besitz eines flotten roten Dodge-Kabrioletts setzten, daß sie den Eigentümer, einen Reisevertreter, erschossen; zwei weitere Kerben brachte die Ermordung von zwei. Männern in einer Vorstadt von St. Louis, Illinois. Der Kan-saner, den sie sich als sechstes Opfer aussuchten, war Großvater; ein Mann namens Otto Ziegler, zweiundsechzig Jahre alt, robust und freundlich und jener Typ von Autofahrer, der anderen, die mit ihren Wagen Kummer haben, seine Hilfe anzubieten pflegt. Als Mr. Ziegler an einem .schönen Junimorgen auf einer Landstraße in Kansas dahinfuhr, sah er ein am Straßenrand geparktes rotes Kabriolett mit hochgeklappter Kühlerhaube und daneben zwei nett aussehende junge Männer, die sich am Motor zu schaffen machten. Wie hätte der freundliche Mr. Ziegler ahnen sollen, daß der Motor gar nicht defekt war - daß es eine Falle war, um 'etwaige Samariter zu berauben und zu töten? Seine letzten Worte waren: «Kann ich Ihnen helfen?» York jagte dem alten Mann aus einer Entfernung von zwölf Meter eine Kugel durch den Kopf, wandte sich dann Latham zu und sagte: «Prima Schuß, was?»

Ihr letztes Opfer war das ergreifendste. Es war ein achtzehnjähriges Mädchen; sie war als Zimmermädchen in einem Motel in Colorado angestellt, wo das wütende Paar über Nacht blieb und dabei mit dem Mädchen schlief. Sie erzählten ihr, sie wären auf der Durchfahrt nach Kalifornien, und luden sie ein, mitzukommen. «Komm doch», drängte Latham sie, «vielleicht landen wir alle noch beim Film.»  - (cap)

 

Freundlichkeit

 

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