edanke,
rettungsloser
Nur solange das Licht im Tale lag, war es ihm erträglich; gegen Abend
befiel ihn eine sonderbare Angst, er hätte der Sonne nachlaufen mögen. Wie die
Gegenstände nach und nach schattiger wurden, kam ihm alles so traumartig, so
zuwider vor: es kam ihm die Angst an wie Kindern, die im Dunkeln schlafen; es
war ihm, als sei er blind. Jetzt wuchs sie, der Alp des Wahnsinns setzte sich
zu seinen Füßen: der rettungslose Gedanke, als sei alles nur sein Traum, öffnete
sich vor ihm; er klammerte sich an alle Gegenstände. Gestalten zogen rasch an
ihm vorbei, er drängte sich an sie; es waren Schatten, das Leben wich aus ihm,
und seine Glieder waren ganz starr. Er sprach, er sang, er rezitierte Stellen
aus Shakespeare, er griff nach allem, was sein Blut sonst hatte rascher fließen
machen, er versuchte alles, aber - kalt, kalt! Er mußte dann hinaus ins Freie.
Das wenige, durch die Nacht zerstreute Licht, wenn seine Augen an die Dunkelheit
gewöhnt waren, machte ihm besser; er stürzte sich in den Brunnen, die grelle
Wirkung des Wassers machte ihm besser; auch hatte er eine geheime Hoffnung auf
eine Krankheit - er verrichtete sein Baden jetzt mit weniger Geräusch. - Georg Büchner, Lenz
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