Geburt, männliche  Zeus, in der Gestalt eines Sterblichen, hatte eine geheime Liebschaft mit Semele (‹Mond›), Tochter des Königs Kadmos von Theben. Die eifersüchtige Hera, die sich als alte Nachbarin verstellte, gab Semele, die damals schon im sechsten Monat ihrer Schwangerschaft war, den Rat, von ihrem geheimnisvollen Liebhaber zu verlangen, daß er sie nicht länger täuschen und sich ihr in seiner wahren Natur und Gestalt zeigen sollte. Wie könnte sie denn sonst wissen, daß er nicht ein Ungeheuer sei? Semele folgte diesem Rat. Als Zeus ihr die Bitte abschlug, versagte sie ihm ihr Lager. Da erschien er ihr voller Zorn als Donner und Blitz, und sie ward verzehrt. Aber Hermes rettete ihren sechs Monate alten Sohn: Er nähte ihn in den Schenkel des Zeus, daß er dort noch weitere drei Monate reifen sollte. Als dann die Zeit gekommen war, gebar Zeus den Dionysos, was ‹der zweimal Geborene› oder ‹das Kind der doppelten Tür› bedeutet. - (myth)

Geburt, männliche (2)  »Schlagt ihm den Kopf ab!« schreit der Dozent. Aber der Dozent zittert.

»Man muß die städtischen Folterer rufen«, verlangt der eindeutig bestürzte Philosoph.

»Sprich jetzt leise. Ich werde dir die Worte einzeln diktieren. Dann reiß die Tür auf und renn weg.«

»Meine Herren, unsere Form ist - Sie mögen mir verzeihen - zugleich erhaben und lächerlich; das gilt für jeden von uns. Wenn Sie Ihren Flitter ablegen würden, wären wir uns erstaunlich ähnlich. Es gibt jedoch einen Unterschied: ich bin das Behältnis der Puppe und Sie nicht. Es wäre nicht ratsam für Sie, mich zu verfolgen. Ich könnte die Puppe ejakulieren. Wenn Sie sich ruhig verhalten, tue ich es nicht. Entweder Sie rufen niemanden oder die Puppe dringt in die Stadt ein.«

Die Stille ist seltsam respektvoll. Ich verneige mich, öffne die Tür, gehe hinaus. Wieder höre ich meine eigene nicht eigene Stimme:

»Lauf jetzt in diese Richtung, mein Lieber, und hör mir zu.« Ich biege in eine Gasse ein, von innen gelenkt wie eine Kasperlpuppe. »Wir wissen, was du bist: ein Schwanz. Wir wissen auch, wo wir sind: an einem Ort, der für Leute deines Schlags in mancher Hinsicht einladend ist. Bleib aber nicht stehen, geh' weiter. Du bist jetzt der Ort von Pisse und Sperma, von Kot und manipuliertem Samen. Uriniere gegen die Straßenecken; dein Wesen ist die Ergebenheit in die Gesten der Begattung; du bist ein Syphilis-Sammler; hierher mußte ich dich bringen. Du bist jetzt der Allergeringste, geringer als alle, die hier in der Unterstadt leben. Du bist meine natürliche Behausung. Das heißt, daß du mich jetzt gebären kannst. Ich kann mich sogar selbst aus deinem Leib gebären. Wachse!«

Im Nu gewinne ich meine alte Größe zurück und bin wieder das Gespenst, das den Menschen nachahmt.

»Renne!«

Ich renne. Wachsend durchbohrt meine Gestalt das Dach der Gasse. Ich sehe winzige Wesen in alle Richtungen davon-stieben wie Insekten. Sie haben die Form von Nasen, Ohren, Lippen, Hoden und Füßen. Ich gelange in einen dunklen, mit dichtem Dampf gefüllten Raum.

»Bleib' stehen, öffne den Mund.«

Ich gehorche. Und meinem Mund entfliegt eilig und übelriechend eine Maus mit Lederflügeln und flattert mir vor den Augen herum.

»Und jetzt folge mir.«

Wieder gehorche ich.

»Du wirst mich jetzt sehen; geh vorerst weiter. Wenn du mich siehst, bleib' stehen.«

Die Fledermaus verschwindet. Langsam gehe ich weiter, wissend, daß ich bei jedem Schritt auf zu Tode erschrockene Augen, Nasen und Bauchnäbel trete. Ich habe harte und kräftige Beine. Ich schreite voran. Der heiße Dunst umhüllt mich sanft wie ein Gewand. Der Boden unter mir ist fest.  - (hoelle)

 

Geburt

 

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