Gebüsch  Ned reißt der Geduldsfaden; er hebt einen Stein auf, schleudert ihn ins Gebüsch und vernimmt überrascht das leise, unverwechselbare Klatschen von Stein auf Fleisch, einen Ton, den er als Junge beim Zielschießen auf Tauben zu erkennen gelernt hat. Im nächsten Moment teilen zwei schwarze Hände das Laub, und ein verärgertes Gesicht kommt zum Vorschein - aber was für eins! So schwarz und wild wie das eines Gorillas. Nein: noch schwärzer und wilder, denn es ist das Gesicht eines Menschen. Die Augen funkeln aus Höhlen, die mit Ocker rotgelb gefärbt sind, tiefe senkrechte Narben zerfurchen Stirn und Wangen wie schreckliche Wunden, das Haar ist zu einem Knoten nach hinten gebunden, und eine Kette aus Kobraköpfen baumelt dem Mann um den Hals, als wollte er warnen: Ich bin giftig und werde nicht zögern zuzubeißen. Gegen diesen Burschen sind die Taschendiebe aus der Gegend kleine Kinder - sogar die wilde Meute in Pisania würde vor dem erblassen. Ohne viel Hoffnung hebt Ned die triefende Muskete, das Messer hat er unter den Arm geklemmt, als Notlösung.

Es passiert gar nichts. Lange Zeit starren Ned und der wilde Mann einander über eine Entferung von knapp zwanzig Metern an, der Regen peitscht auf sie nieder, und Ned tut sein Bestes, tapfer und selbstbewußt zu wirken. Dann, ganz plötzlich und unerklärlich, fängt der Wilde an zu grinsen. Eine wüste, feuchte, obszöne Grimasse, die breiten Lippen weit aufgerissen, zu Messern gefeilte Zähne. Und dann ist er weg. Schwupp. Wie ein degenerierter Kobold.    - T. Coraghessan Boyle, Wassermusik. Reinbek bei Hamburg 1990

 

Busch

 

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