Gaukelspiel  Baratto raucht eine Zigarre, und der Doktor sitzt neben ihm und setzt zu einer Überlegung an: »Ich weiß, daß ich aussehe wie ein Trottel. Aber darüber braucht man sich nicht zu wundern, denn vor mir sahen schon meine Eltern aus wie Trottel, sowohl mein Vater wie auch meine Mutter. Ich habe einen Sohn, der schon groß ist, und auch er sieht aus wie ein Trottel, ein Gesicht wie ein Aal im Kühlschrank

Der Doktor fährt fort: »Aber ich sage: Und wenn das alles Theater wäre? Beispielsweise diese Stadt - Theater, die Frauen, die uns wehtun - Theater, die Arbeit - Theater, unser trottelhaftes Aussehen - Theater, nichts weiter. Und wenn alles eine riesenhafte Fälschung wäre, ein Traum, aus dem wir nicht erwachen können? Aber ich sage Ihnen noch mehr: Und wenn auch das Licht Theater wäre? Und die Klänge, die wir hören, die Dinge, die wir anfassen, und das Dunkel und die Nacht, könnte das nicht alles gigantisches Theater sein? Eine Komödie der Erscheinungen, die uns weißgottwas vorgaukeln, was aber gar nicht wahr ist?«

Genau in diesem Augenblick bemerken beide, daß es schon Tag wird, und dann gehen sie auf die Terrasse, um die Sonne aufgehen zu sehen. In einem Mietshaus gegenüber wird hinter dem heruntergelassenen Rolladen ein Fenster hell, und beide hoffen, es werde dahinter eine nackte Frau erscheinen, die sie heimlich anschauen könnten.   - Gianni Celati, Der wahre Schein. Berlin o. J. (zuerst 1987)

 

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