Gattung  Die Gattung, als in welcher die Wurzel unsers Wesens liegt, hat ein näheres und früheres Recht auf uns, als das Individuum; daher ihre Angelegenheiten vorgehn. Im Gefühl hievon haben die Alten den Genius der Gattung im Kupido personificirt, einem, seines kindischen Aussehns ungeachtet, feindsäligen, grausamen und daher verschrienen Gott, einem kapriziösen, despotischen Dämon, aber dennoch Herrn der Götter und Menschen:

Der du, Eros, tyrannisch Gott und Menschen beherrschst!
Euripides, Andromeda.

Mörderisches Geschoß, Blindheit und Flügel sind seine Attribute. Die letzteren deuten auf den Unbestand: dieser tritt, in der Regel, erst mit der Enttäuschung ein, welche die Folge der Befriedigung ist.

Weil nämlich die Leidenschaft auf einem Wahn beruhte, der Das, was nur für die Gattung Werth hat, vorspiegelte als für das Individuum werthvoll, muß, nach erlangtem Zwecke der Gattung, die Täuschung verschwinden. Der Geist der Gattung, welcher das Individuum in Besitz genommen hatte, läßt es wieder frei. Von ihm verlassen fällt es zurück in seine ursprüngliche Beschränkung und Armuth, und sieht mit Verwunderung, daß nach so hohem, heroischen und unendlichen Streben, für seinen Genuß nichts abgefallen ist, als was jede Geschlechtsbefriedigung leistet: es findet sich, wider Erwarten, nicht glücklicher als zuvor. Es merkt, daß es der Betrogene des Willens der Gattung gewesen ist. Daher wird, in der Regel, ein beglückter Theseus seine Ariadne verlassen. Wäre Petrarka's Leidenschaft befriedigt worden; so wäre, von Dem an, sein Gesang verstummt, wie der des Vogels, sobald die Eier gelegt sind.  - (wv)

 

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