Die Häuser ragten schief
und winklig in die Straßen, die dadurch gebildeten Ecken und Vorsprünge warfen
jedes lautgesprochene Wort mehrfach als Echo zurück.
Gellende Rufe hallten aus der inneren Stadt; bald schärfer, bald leiser wurden
sie aufgenommen und weitergegeben. Man wußte keine Ursache dafür. Dann war es
wieder still, bis merklich ein Hüsteln und Kichern anhub. Nachts durch die Gassen
Perles zu wandern war eine Qual. Hier taten sich schauerliche Abgründe für geschärfte
Sinne auf. Aus den vergitterten Fenstern und Kellerlöchern klagte und stöhnte
es in allen Tonarten. Hinter halb geöffneten Türen hörte man ein gepreßtes Ächzen,
so daß man unwillkürlich an Erdrosselungen und
Verbrechen denken mußte. Ging ich mit angstvollen Schritten nach Hause, höhnte
es hinter mir her in tausend- — nein zehntausendfacher Weise. Die Torwege gähnten
den Eiligen an, als wollten sie ihn verschlingen, Unsichtbare Stimmen lockten
zum Flußufer, Blumenstichs Magazin lächelte schadenfroh, die Molkerei glich
einer verborgenen, heimtückischen Falle, selbst die Mühle
war nicht still, geschwätzig plapperte sie die ganze Nacht. Vor Angst gejagt
flüchtete ich mich noch manches Mal auf dem Heimweg ins Kaffeehaus. Meine arme
Frau fürchtete sich inzwischen allein zu Hause. Da knisterte ein Schrank, oder
es sprang ein Glas entzwei. Aus allen Ecken des Zimmers glaubte sie furchtbare
Worte zu hören. - Alfred Kubin, Die Andere Seite. München 1975 (zuerst 1909)
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