anze, Das    Das Ganze befindet sich in der Hand des allumfassend Wirkenden  wie eine einzige Lehmmasse in der Hand eines einzigen Töpfers, um auf der Scheibe dieses Umschwunges der Gestirne gemäß dem Wechsel von Werden und Vergehen der Dinge bald als gutes Gefäß, bald als schlechtes aus demselben Stoff hervorgebracht und wieder zerstört zu werden.  - Giordano Bruno, nach: Hans Blumenberg, Vorwort zu: G. B., Das Aschermittwochsmahl. Frankfurt am Main 1981 (it 548, zuerst ca. 1580)

Ganze, Das (2) Das Ganze ist. Denn daß den Körpern Dasein zukommt, dafür zeugt allenthalben die Wahrnehmung, aus der, wie schon gesagt, durch Nachdenken das Unbekannte gefolgert werden muß. Gäbe es aber nicht jene Wesenheit, für die wir die Bezeichnungen „das Leere", „der Ort" (Raum), „das seiner Natur nach Unbetastbare" haben, so gäbe es nichts, wo die Körper sein und Platz für ihre Bewegung finden könnten, entsprechend ihrer Bewegung in der sinnlichen Wahrnehmung. Außer diesen beiden (nämlich Körper und Raum) läßt sich nichts auch nur denken weder in begrifflicher Auffassung noch analog dem begrifflich Aufgefaßten; denn diese beiden (Körper und Raum) haben ihre Beziehung auf Wesen überhaupt als solche und werden nicht in der Bedeutung bloßer Eigenschaften dieser Wesen, seien es notwendige oder zufällige Eigenschaften, genommen.  - Epikur, nach (diol)

Ganze, Das (3)  »Das Ganze gibt es nicht. Weder unsere Wissenschaft noch unsere Phantasie wäre imstande, es zu fassen.« Auf diese These kam Z. des öfteren zurück. Wenn er von der »Totalität« reden höre, werde ihm schlecht. Dahinter stecke stets eine unredliche Absicht von religiöser, politischer oder intellektueller Art. Er jedenfalls gebe sich mit dem Partiellen nicht nur zufrieden, er wisse es zu schätzen und erfreue sich seiner.  - Hans Magnus Enzensberger, Herrn Zetts Betrachtungen oder Brosamen, die er fallen ließ, aufgelesen von seinen Zuhörern. Berlin 2014

Ganze, Das (4)  

Ganze, Das (5)  Wenn man das Ganze überblickt, ist es von großer Unverständlichkeit, aber wahrlich der Wunder voll. Es gibt Fliegen, die nisten im Maule des Nilpferdes; Lurche, die sich tagelang begatten; Millionen von Faltern verlassen die Wälder, bilden eine azurblaue Wolke und stürzen ins Meer. Die höheren Wesen schneiden einander in die Gurgeln wegen eines  Sacks Pfeffer,  überfallen sich  um  Purpurschnecken, für einen Liter Gummisaft starben Tausende, ertranken auf allen Meeren, ihre Gebeine bleichen an fernen Küsten. Sklavinnen werden Kaiserinnen; Benny Gogh, ein Hund, liegt vor einem Gouverneurspalast begraben in einer der schönsten Parkanlagen der Welt, sein Name steht mit dem einer Araberin und eines Deutschen auf einem Obelisken, der trägt in großen Goldbuchstaben die Inschrift: Never fades their Glory - niemals wird ihr Ruhm verblassen.

Ein Mann fragt: „Wer hat dich so geschlagen?" Die Frau; „Ein Derwisch in einer Bar." „Warum bist du hingegangen?" „Weil du fortfuhrst, ohne mich zu binden" - solche Seltsamkeiten hört man alle Tage. - Gottfried Benn, Roman des Phänotyp. Landsberger Gragment 1944. In: G.B., Prosa und Szenen. Ges. Werke Bd. 2. Wiesbaden 1962

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