ans, dumme  Sie kam aus der Küche  mit einer mit Salzwasser gefüllten Waschschüssel, in die sie ein in Streifen geschnittenes Sauerampferblatt tauchte - sie sollten Algen darstellen. Sie goß etwas Füllhaltertinte hinein, zehn Tropfen Jodtinktur, näherte ihre Nase. Köstlich. Genau der Geruch des Meeres. Mit geschlossenen Augen tauchte sie ihre nackten Füße in die Waschschüssel, stellte sich vor, daß sie auf der unteren Stufe einer bemoosten Treppe stünde und zögerte, sich in ein zu kaltes Mittelmeer zu stürzen.

Glücklich über ihr Bad schlüpfte sie wieder in ihre Ballschuhe, streckte sich auf dem Strand aus, schob hinten ihr Kleid bis zum Kreuz hoch, um ein gutes Sonnenbad zu nehmen. Während sie von Zeit zu Zeit ihren fruchtigen Hintern streichelte, las sie ein Buch über die großen hinduistischen Mystiker. Doch bald schlug sie es wieder zu, um ihre Unterhaltung mit der alten Dame fortzusetzen, die ein violetter Sonnenschirm vor der Sonne schützte.

»Ja, liebe Herzogin, obgleich mein Name Ariane Deume ist, bin ich aus einer Genfer Familie ersten Ranges. Mein Mädchenname ist Ariane d'Auble. Die Aubles sind nicht irgendwer. Das Beste, was sich in Genf auftreiben läßt. Seit über zwei Jahrhunderten haben wir Genf eine Menge Gelehrte, Moralisten, mich zum Beispiel - sie hielt sich die Nase zu, um eine fromme Stimme zu bekommen -, einen ganzen Haufen Pastoren, Moderatoren der Ehrenwerten Gesellschaft und eine endlose Reihe von Bankiers geschenkt. Papa ist Universitätsprofessor gewesen. Und ein Vorfahre hat eine Menge wissenschaftlicher Dinge mit Pascal gemacht. Die Genfer Aristokratie ist besser als alles, ausgenommen  natürlich den englischen Adel. Großmama war eine Armiot-Idiot. Weil es nämlich die Armiot-Idiots gibt und die Armyau-Boyau. Natürlich existiert der zweite Name, Idiot oder Boyau, nicht wirklich, der ist nur, damit man die letzten Buchstaben nicht zu buchstabieren braucht.  Kurzum, ach was. Mein Gott, wieviel unnötiges Zeug erzählt man im Leben. Sie sehen also, meine alte Schachtel, mit wem Sie es zu tun haben. Und außerdem war Agrippa d'Auble ein sehr anständiger Strauchdieb, ein enger Freund Heinrichs IV., und es heißt sogar, daß seine Frau, Corisande d'Auble - ich selbst heiße Ariane Cassandre Corisande - nicht unempfindlich war für den Bart des Weiberhelden, worin sie höchst unrecht tat, denn ich hasse Bärte. Kurzum, es kann sein, daß ich Bourbonenblut in den Adern habe und daß ich die wirkliche Erbin der Könige von Frankreich bin. Kurzum, eine eingebildete dumme Gans, sehr gut gebaut, goldgefleckte Augen, matte, bernsteinfarbene Wangen, volltönende Stimme, sehr glatte und ganz und gar nicht plebejische Stirn, etwas großer Mund, schmale Fesseln, ehrliches und ungeschminktes Gesicht. Sehr elegant. Warum bin ich durch meine Heirat in eine Kleinbürgerfamilie geraten? Das ist ein Geheimnis, das ich Ihnen später erklären werde, liebe Freundin. Einstweilen gehen Sie mir furchtbar auf die Nerven. Bitte ziehen Sie jetzt Leine, Sie gewöhnliches altes Weib.«

Sie stand auf, machte Versuche im Bauchtanz. Dann rieb sie ein Streichholz an und hielt es an den Vorhang, der nicht brannte. Sie lächelte traurig über sich selbst, eine Dreigroschenbrandstifterin.  - (eisen)

 

Gans Dummheit

 

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