Galgenpredigt Ich glaube allerdings, daß der Galgen ein Ort ganz besonderer Offenbarungen und eine Warte ist, von welcher aus dem Menschen, der daselbst seine Besinnung behält, die Aussichten in die Ewigkeit sich oft weiter aufthun und deutlicher darstellen, als den meisten Philosophen über den Paragraphen ihrer rationalen Psychologie und Theologie. - Folgende Galgenpredigt also hielt, am 15. April 1837, zu Glocester, ein gewisser Bartlett, der seine Schwiegermutter gemordet hatte: »Engländer und Landsleute! Nur sehr wenige Worte habe ich zu sagen: aber ich bitte euch, Alle und Jeden, daß ihr diese wenigen Worte tief in eure Herzen dringen laßt, daß ihr sie im Andenken behaltet, nicht nur während ihr dem gegenwärtigen, traurigen Schauspiele zusehet, sondern sie nach Hause nehmt und sie euren Kindern und Freunden wiederholet. Hierum also flehe ich euch an, als ein Sterbender, als Einer, für den das Todeswerkzeug jetzt bereit steht. Und diese wenigen Worte sind: macht euch los von der Liebe zu dieser sterbenden Welt und ihren eitelen Freuden: denkt weniger an sie und mehr an euren Gott. Das thut! Bekehret euch, bekehret euch! Denn, seid versichert, daß ohne eine tiefe und wahre Bekehrung, ohne ein Umkehren zu eurem himmlischen Vater, ihr nicht die geringste Hoffnung haben könnt, jemals jene Gefilde der Säligkeit und jenes Landes des Friedens zu erreichen, welchem ich jetzt mit schnellen Schritten entgegenzugehn, die feste Zuversicht habe.« (Nach den Times, vom 18. April 1837.) - Noch merkwürdiger ist eine letzte Aeußerung des bekannten Mörders Greenacre, welcher am 1. Mai 1837 in London hingerichtet wurde. Die englische Zeitung The Post berichtet darüber Folgendes, welches auch in Galignani's Messenger vom 6. Mai 1837 abgedruckt ist: »Am Morgen seiner Hinrichtung empfahl ihm ein Herr, er möge sein Vertrauen auf Gott stellen und um Vergebung durch die Vermittelung Jesu Christi beten. Greenacre erwiderte: um Vergebung durch die Vermittelung Christ! bitten sei eine Sache der Meinung; er, seines Theils, glaube, daß, in den Augen des höchsten Wesens, ein Mohammedaner einem Christen gleich gelte und eben so viel Anspruch auf Säligkeit habe. Er habe, seit seiner Gefangenschaft, seine Aufmerksamkeit auf theologische Gegenstände gerichtet, und ihm sei die Ueberzeugung geworden, daß der Galgen ein Paß (pass-port) zum Himmel ist.« Gerade die hier an den Tag gelegte Gleichgültigkeit gegen positive Religionen giebt dieser Aeußerung größeres Gewicht; indem sie beweist, daß derselben kein fanatischer Wahn, sondern eigene, unmittelbare Erkenntniß zum Grunde liegt. -

Noch folgender Zug sei erwähnt, welchen Galignani's Messenger vom 15. August 1837 aus der Limerick Chronicle giebt: »Letzten Montag wurde Maria Cooney wegen des empörenden Mordes der Frau Anna Andersen hingerichtet. So tief war diese Elende von der Größe ihres Verbrechens durchdrungen, daß sie den Strick, der an ihren Hals gelegt wurde, küßte, indem sie demüthig Gottes Gnade anrief.«  - (wv)

 

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