Galgenbau   Wir begannen den Bau an einem Sonntagnachmittag, nach den Ravioli. Obgleich wir uns nie darum gekümmert haben, was die Nachbarn denken könnten, war es offensichtlich, daß die paar Zaungäste vermuteten, wir würden unser Haus um ein oder zwei Zimmer erweitern. Der erste, den das verwunderte, war Don Cresta, das Alterchen von gegenüber, und er kam und fragte, wofür die Plattform da gut sein solle. Meine Schwestern stellten sich in eine Ecke des Gartens und stießen einige Wolfslaute aus. Es sammelte sich ein ganzer Haufen Leute an, aber wir arbeiteten weiter und hatten zur Nacht die Plattform und die beiden Treppchen (für den Priester und für den Delinquenten, die nicht zusammen hinaufsteigen dürfen) fertig. Am Montag ging ein Teil der Familie seinen jeweiligen Ämtern und Geschäften nach, da man ja an etwas sterben muß; wir anderen begannen den Galgen aufzurichten, während mein ältester Onkel des Rades wegen alte Zeichnungen zu Rate zog. Sein Gedanke war, das Rad so hoch als möglich auf einer leicht unregelmäßigen Stange anzubringen, beispielsweise einem glatt gehobelten Pappelstamm. Mein zweiter Bruder und meine leiblichen Vettern wollten ihm den Gefallen tun und machten sich mit unserem Lieferwägelchen auf, eine Pappel zu suchen; unterdessen setzten mein ältester Onkel und meine Mutter die Radspeichen in die Nabe, und ich fertigte einen eisernen Reifen an. In jenen Augenblicken ergötzten wir uns über die Maßen: allerorten hörte man hämmern, in der Stube heulten meine Schwestern, die Nachbarn drängten sich am Gitter und tauschten Eindrücke aus, und zwischen dem Blutrot und der Malve der Abenddämmerung stieg das Profil des Galgens empor, und man sah meinen jüngsten Onkel rittlings auf dem Querbalken, um den Haken zu befestigen und die Patentschlingen zu legen.  - (cron)
 
 

Galgen

 

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