Gäste, ungebetene

 

- Edvard Munch

Gäste, ungebetene (2)

Gäste, ungebetene (3)  Ich hatte auch Gäste von der Art, die gewöhnlich nicht zu den Armen der Stadt gerechnet werden, die aber gleichwohl dazu gehören - auf jeden Fall sind sie Arme der Welt, Gäste, die nicht auf Hospitalität, sondern auf Hospitalhospitalität rechnen; die von ganzem Herzen wünschen, daß Ihnen geholfen werde, ihrem Ansuchen aber die Benachrichtigung vorausschicken, daß sie ganz fest entschlossen sind, sich nicht selbst zu helfen. Ich verlange von einem Gaste, daß er nicht tatsächlich am Verhungern ist, mag er auch den besten Appetit mitbringen, und wo er ihn sich holte, ist mir auch einerlei. Mildtätigkeitsobjekte sind keine Gäste. Leute kamen, die nicht wußten, wann ihr Besuch zu Ende war, obgleich ich wieder an meine Arbeit ging und ihnen aus immer größerer Entfernung antwortete. Leute von fast jeglichem Verstandesgrade besuchten mich zur Wanderzeit. Es kamen Leute, die so viel Verstand hatten, daß sie nicht wußten, was damit anfangen - davongelaufene Sklaven mit Plantagenmanieren, die von Zeit zu Zeit wie der Fuchs In der Fabel horchten, ob die Hunde nicht auf ihrer Fährte seien, und mich bittend ansahen, als ob sie sagen wollten:

»O Christ, willst du zurück mich senden?«

Einmal half ich einem wirklich entlaufenen Sklaven in der Richtung zum Nordstern weiter. Da gab es Leute mit einer einzigen Idee, wie Hennen mit einem Küken, und das war noch dazu ein Entlein; Leute mit tausend Ideen und ungekämmten Haaren wie Hennen, welche hundert Küken zu hüten haben, die alle einem Käfer nachlaufen; aber in jedem Morgentau geht ihnen ein halbes Dutzend verloren, und sie selber werden dabei struppig und ruppig. Leute kamen mit Ideen statt Beinen, eine Art geistiger Tausendfüßler, in deren Gesellschaft es einen überall zu jucken anfängt. - Henry David Thoreau, Walden oder Leben in den Wäldern. Zürich 1979 (zuerst 1854)

 

Gast

 

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